Die grössten Befürchtungen sind Realität geworden. Bei Attentaten rund um den Flughafen Kabul sind über 100 Menschen getötet worden, afghanische Zivilistinnen und Zivilisten ebenso wie US-Soldaten. Viele weitere wurden verletzt. Zu den Anschlägen hat sich die Terrormiliz IS bekannt. International ist die Bestürzung gross, die USA drohen mit Vergeltung. Der Schweizer Journalist Franz Marty lebt seit knapp sieben Jahren in Kabul – und berichtet davon, wie die Menschen erneut zum Ort drängen, wo die Bomben explodierten.
SRF News: Wie ist die Lage in Kabul am Tag nach den Anschlägen?
Franz Marty: Die Lage in Kabul ist eigentlich wie immer. Die Leute sind sich solche Gräueltaten gewöhnt. Das muss man leider sagen. Das Leben geht ziemlich schnell weiter. Man räumt den Platz auf, an dem die Explosion geschehen ist. Andere Leute öffnen normal ihre Geschäfte. Man geht zur Arbeit oder einfach raus. Für den Grossteil der Bevölkerung sieht der Tag nach so einem Anschlag nicht gross anders aus als der Tag zuvor.
Seit Tagen schon werden die Menschen in Kabul gewarnt, sie sollen nicht mehr zum Flughafen gehen – dort sei es zu gefährlich. Zudem wollen die USA und die Alliierten ihre Evakuierungsflüge bald einstellen. Wie ist die Situation – meiden die Leute den Flughafen – oder versuchen sie trotzdem noch, möglichst aus Afghanistan wegzukommen?
Ich glaube, der Anschlag hat weder in die eine noch in die andere Richtung grossen Einfluss. Die Leute meiden den Flughafen nicht. Selbst kurz nach der Explosion waren dort wieder Leute auf Platz und versuchten, zu den Toren des Flughafens zu gelangen.
Heute erreichten mich Aufnahmen die zeigen, dass wieder Hunderte Menschen dort sind. Der Kanal, in dem die Bombe detonierte, ist wieder voller Menschen. Es hat wahrscheinlich weder mehr noch weniger Leute dort als noch vor dem Anschlag.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.