Der russische Waffenhändler Viktor Bout wurde 2012 von einem US-Gericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Letzte Woche kam er im Austausch gegen die in Russland inhaftierte US-Basketballerin Brittney Griner vorzeitig frei.
Erst wenige Tage zurück in Moskau, hat er schon mit diversen Auftritten von sich reden gemacht. So im staatlichen Fernsehsender RT, wo er sich zu seiner Zeit in US-Gefängnissen äussert und dabei unvermittelt das Gender-Thema anspricht: «In den USA lernt man in der Primarschule, es gebe 72 Geschlechter, nicht nur Schwule und normale Leute.» Die westliche Zivilisation sei dabei, Selbstmord zu begehen.
Die Moderatorin reagiert mal betroffen, mal empört auf die Schilderungen des adrett gekleideten Mannes mit Schnauzbart. Besonders trübselig schaut sie drein, als er von seiner Haft im Bundesstaat Illinois berichtet: Lange habe er in einer Einzelzelle gesessen. Vor allem aber das Essen sei widerwärtig. Dauernd Hamburger und ungeniessbare Pommes – von Knoblauch und Dill keine Spur.
Propaganda nach Mass
Bout spricht frei und ungezwungen, doch seine Antworten wirken künstlich: Auf die Frage nach seiner Zukunft in Freiheit wechselt er abrupt zu einer Tirade gegen den «umgekehrten Rassismus» gegen Weisse, der in den USA grassiere.
Bouts Aufgabe in der Sendung ist klar: Er soll darlegen, dass er mit eigenen Augen erlebt hat, was in den Staatsmedien über die angeblich degenerierten USA erzählt wird. Dass er als unbescholtener Unternehmer schikaniert und eingesperrt worden wurde, nur weil er Russe ist. Bout steht stellvertretend für Russland, das in russischer Darstellung vom aggressiven Westen bedrängt wird.
Verräter sollen um ihr Leben fürchten
Gleichzeitig signalisiert das Regime, dass es sich auf der Weltbühne auch mit den schlechteren Karten durchsetzen kann. Für die USA galt Bout als einer der gefährlichsten Menschen der Welt. Trotzdem gaben sie ihn für eine Sportlerin her. Doch die vielleicht wichtigste Botschaft richtet das Regime an seine Beamten, Politikerinnen und Geheimdienstler. Bouts Schicksal soll unterstreichen, dass sich bedingungslose Loyalität lohnt.
Wie wichtig Loyalität im System von Putin ist, zeigen der Umgang mit Abtrünnigen und spektakuläre Attentate auf übergelaufene Spione wie Sergej Skripal, der 2018 einen Anschlag mit Nervengift knapp überlebte. Russland wies jede Schuld von sich. Doch Putin liess durchblicken, dass ihn Skripals Treuebruch persönlich gekränkt hatte. Er nannte ihn «Landesverräter» und «Drecksack».
Bout gibt sich betont treu. Er behauptet sogar, er habe in seiner Gefängniszelle ein Putin-Porträt aufgehängt. Am Wochenende wurde er bei der kremltreuen, rechtsextremen Partei LDPR feierlich als Mitglied aufgenommen. Dabei lobte der Parteichef ihn als Symbol des Kampfes für russische Werte.
Eine neue Karriere?
Bout ist nicht der Erste, der im Westen in Haft war und später in Russland zur öffentlichen Person wurde. Ex-Spioninnen und Spione und sogar Attentäter legten steile Karrieren hin. Eine davon ist ausgerechnet die RT-Moderatorin Maria Butina, die Bout interviewte. Sie war in den USA als russische Agentin enttarnt worden und ist heute nicht nur ein TV-Gesicht, sondern auch Abgeordnete im Parlament.
Bout sagt, er strebe zurzeit kein Amt an. Vorerst begnügt er sich damit, in der besetzten Ukraine Ortsgruppen seiner neuen Partei zu eröffnen und im Staatsfernsehen weitere Interviews zu geben.