- Ein libanesischer Ermittlungsrichter hat wegen der Explosion im Hafen von Beirut Anklage gegen den amtierenden Regierungschef Hassan Diab und drei frühere Minister erhoben.
- Ihnen wird Fahrlässigkeit vorgeworfen und Mitschuld an der grossen Zahl der Opfer gegeben, heisst es aus Justizkreisen in der Hauptstadt.
- Die vier Beschuldigten sollen nächste Woche zu den Vorwürfen befragt werden. Danach fällt die Entscheidung, ob sie vor Gericht müssen.
Bei der Explosion am 4. August sind mehr als 190 Menschen getötet und über 6000 verletzt worden. Grosse Teile des Hafens sowie der umliegenden Wohngebiete wurden stark zerstört. Auslöser für die gewaltige Detonation sind grosse Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat gewesen, die über Jahre ungesichert im Hafen gelagert worden sind. Kritiker werfen der Regierung vor, davon gewusst, aber dennoch nichts dagegen unternommen zu haben.
Nebst der Anklage gegen Diab wurde auch Anklage gegen den früheren Finanzminister Ali Hassan Chalil erhoben, sowie gegen zwei ehemalige Minister für öffentliche Arbeiten. Der Ministerpräsident und seine Regierung erklärten kurz nach der Explosion ihren Rücktritt und sind nur noch geschäftsführend im Amt. Dem mit der Regierungsbildung beauftragten Politiker Saad Hariri ist es bislang wegen interner Machtkämpfe nicht gelungen, ein neues Kabinett zu bilden.
Der Libanon erlebt seit Monaten eine der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte und braucht dringend ausländische Hilfe. Die Corona-Pandemie und die Explosion haben die Lage weiter verschärft.