Zum Inhalt springen

Nach Tod von Franziskus Welche Weltregion wünscht sich welchen Papst?

SRF-Korrespondentinnen und -Korrespondenten nennen den Wunschkandidaten «ihrer» Weltregion und ordnen je deren Anspruch ein.

Wer wird neuer Papst? «Im Moment gibt es zu viele Namen», sagt Vatikan-Experte Marco Politi. Aktuell könnten 135 Kardinäle gewählt werden, von denen etwa zwei Dutzend aus unterschiedlichen Weltregionen das Zeug zum Papst haben.

Noch nie einen Papst stellen konnten Asien und Afrika, obwohl dort die römisch-katholische Kirche am stärksten wächst. Doch auch Europa, insbesondere Italien, und Amerika erheben Anspruch auf das Papstamt.

Europa: ein Kurien-Kenner

Simona Caminada

Italien- und Vatikan-Korrespondentin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Simona Caminada ist SRF-Korrespondentin für Italien und den Vatikan in Rom. Seit 2011 ist sie bei SRF tätig: zuerst als Radiojournalistin beim Regionaljournal Zürich/Schaffhausen und bei SRF3, danach als TV-Inlandkorrespondentin im Kanton Graubünden und aushilfsweise im Kanton Tessin.

«In Europa wünscht man sich einen europäischen Papst, einen, der die Kurie, also den Staatsapparat im Vatikan, gut kennt, der die Ultrakonservativen und Liberalen in der Region vereinen kann – und nicht zuletzt einen, der den Weg weitergeht, den Franziskus eingeschlagen hat.»

Vatikan-Experte: Es braucht einen Diplomaten, der die Kirche eint

Box aufklappen Box zuklappen

Noch am Karfreitag habe der verstorbene Papst unterstrichen, dass die römisch-katholische Kirche zersplittert sei, sagt Vatikan-Experte Politi. «Viele Kardinäle erwarten, dass der neue Papst es schafft, diese zersplitterten Teile wieder zusammenzubringen.» Das werde «die wichtigste Aufgabe» des neuen Papstes sein.

Dafür brauche es einen Diplomaten, einen Menschen der Versöhnung. Dies könne unter anderem Kardinal Pietro Parolin sein, «eine sehr kultivierte und sensible Persönlichkeit», sagt Politi.

Für einen europäischen oder italienischen Papst spreche gerade in Zeiten innerer Zersplitterung auch, dass jene Kardinäle den Apparat und die Organisation der Kirche als Weltkirche gut kennen würden.

«Speziell Italien wünscht sich wieder einen italienischen Papst. Zwar stellte das Land seit Anfang des 20. Jahrhunderts sieben Päpste, der letzte aber war Johannes Paul I im Jahr 1978, der nach 33 Tagen im Amt verstarb. Aktuell am häufigsten genannt wird Pietro Parolin, die Nummer zwei im Vatikan nach Franziskus, der äusserst diplomatisch ist und dem verstorbenen Papst nahestand.»

Asien: ein «asiatischer» Franziskus

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

«In Südostasien hofft man auf einen Papst, der die Region stärker in den Fokus rückt – viele wünschen sich eine weniger eurozentrische Kirche. Als Favorit wird der 67-jährige Kardinal Luis Antonio Tagle gehandelt. Der ehemalige Erzbischof der philippinischen Hauptstadt Manila gilt als charismatisch und volksnah. Er war ein enger Vertrauter von Papst Franziskus und steht wie dieser für soziale Gerechtigkeit.»

Vatikan-Experte: «Es wäre kein Schock»

Box aufklappen Box zuklappen

Marco Politi schliesst nicht aus, dass jemand aus Asien die Nachfolge Franziskus' antreten könnte. Ein Papst aus Asien (oder Afrika) bedeute, dass die Internationalisierung der Kirche fortgeführt werde. «Die Kirche ist universell. Deshalb wäre es kein Schock», sagt Politi.

«Ein asiatischer Papst wie Tagle würde zudem als Zeichen der Anerkennung für die wachsende Bedeutung Asiens im Katholizismus gesehen. Tagle galt bereits 2013 als aussichtsreicher Kandidat für das Konklave, schien damals aber noch zu jung für das Amt.»

Afrika: einer aus «katholischem Zukunftskontinenten»

Fabian Urech

Afrika-Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Fabian Urech ist seit dem Frühjahr 2024 Afrika-Korrespondent von Radio SRF. Er lebt in Ghanas Hauptstadt Accra. Zuvor war er während sieben Jahren Afrika-Verantwortlicher der «NZZ».  

«Die Hoffnungen in Afrika sind gross, dass der nächste Papst aus einem afrikanischen Land kommen wird. Einer der meistgenannten Anwärter ist der Erzbischof von Kinshasa, Fridolin Ambongo Besungu. Der Kongolese stammt aus jenem Land, in dem die katholische Kirche vielleicht so wichtig ist wie nirgendwo sonst auf der Welt, auch in politischer Hinsicht. Ein anderer Kandidat ist der 76-jährige Peter Turkson, ein Kardinal aus Ghana.»

Vatikan-Experte: eher keiner aus Afrika

Box aufklappen Box zuklappen
Mann im Anzug schaut nachdenklich zur Seite.
Legende: Peter Turkson (im Bild) sowie Fridolin Ambongo Besungu dürften es also schwer haben, Papst zu werden. REUTERS / Guglielmo Mangiapane

Vatikan-Experte Marco Politi glaubt nicht, dass ein Kardinal aus Afrika ins Papstamt gewählt wird. Denn die Art und Weise, mit der die afrikanischen Bischöfe gegen die Segnung von homosexuellen Paaren vorgegangen seien, sei zu vehement gewesen.

«Mit einem Papst aus Afrika würde jener Kontinent gestärkt, auf dem der Katholizismus noch wächst und wo – wie hier oft süffisant bemerkt wird – die Kirchen voll sind und nicht leer wie in Europa. Für liberale Kräfte wäre ein afrikanischer Papst indes ein Rückschlag. Die meisten katholischen Führungsfiguren auf dem Kontinent gelten als äusserst konservativ.»

Südamerika: in der Papstnachfolge geteilt

Karen Naundorf

Südamerika-Korrespondentin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Karen Naundorf ist SRF-Korrespondentin in Südamerika, Standort Buenos Aires. Sie hat in Berlin und Barcelona Kommunikation studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg absolviert und ist Fellow des Pulitzer Center on Crisis Reporting.

«In Lateinamerika sind die Erwartungen an die Papstnachfolge geteilt. Viele hoffen auf einen Papst aus dem globalen Süden, der wie Papst Franziskus soziale Ungerechtigkeit und Umweltthemen thematisiert. Konservative hingegen wünschen sich eine Rückkehr zu klaren Lehren bei Ehe und Sexualmoral sowie einen geistlichen Hirten mit traditionellen Werten.»

Vatikan-Experte: «Es wird ein sehr schwieriges Konklave sein»

Box aufklappen Box zuklappen
Rote Vorhänge an einem Fenster mit Steinbalustrade.
Legende: Erst, wenn der neue Gewählte auf diesen Balkon schreitet, weiss die Welt, wer Papst geworden ist. REUTERS / Eric Gaillard

Marco Politi prophezeit, dass es ein sehr schwieriges Konklave sein werde. Auf der einen Seite habe man die ultrakonservativen Kardinäle, die etwa 30 Prozent des Konklaves ausmachen. Auf der anderen Seite sind rund 20 bis 25 Prozent Reformorientierte. Dazwischen gebe es eine «breite Mitte», die verschiedene Linien habe, aber auch Ängste, beispielsweise vor einer «Protestantisierung der Kirche». «Deshalb wird es eine bremsende Mitte sein», sagt Politi.

Die Ultrakonservativen seien in den letzten zehn Jahren kommunikativ aggressiv gewesen. Sie wüssten aber auch, dass sie keinen ihrer Kandidaten aufzwingen könnten. «Sie brauchen immer noch die Hilfe der Mitte.»

«Zwar ist mit Victor Manuel Fernández ein argentinischer Kandidat im Rennen. Er gilt jedoch als Aussenseiter. Seine theologische und politische Ausrichtung, die soziale Gerechtigkeit und pastorale Nähe liegen auf Linie mit Papst Franziskus. Allerdings sehen Konservative seine progressive Haltung kritisch.»

Diese Kardinäle könnten Papst Franziskus im Amt nachfolgen

Diskutieren Sie mit:

Tagesschau, 21.4.2025, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel