Was war geschehen? Junge Demonstranten hatten am Montag in der Stadt Al-Obeid, rund 400 Kilometer von der Hauptstadt Khartum entfernt, eine rasche Machtübergabe an eine zivile Regierung gefordert. Die Schüler hatten nach Angaben von Bewohnern gegen Kürzungen bei der Versorgung Al-Obeids mit Brot und Benzin demonstriert. Dabei wurden vier Schüler und ein Erwachsener von Scharfschützen getötet, wie ein Ärzteverband berichtete.
Was sind die Folgen der tödlichen Ausschreitungen? Vertreter der Protestbewegung hatten die für Dienstag geplanten Verhandlungen mit dem Militärrat abgesagt. Die Militärführung des Landes hat alle Schulen geschlossen. Es seien Anweisungen gegeben worden, alle Kindergärten, Grundschulen und weiterführenden Schulen bis auf weiteres zu schliessen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Suna den führenden Militärrat am Dienstagabend.
Was war der Auslöser für die Proteste? «Grundsätzlich geht es um die Frustration, dass mehr als drei Monate, nachdem Langzeitherrscher Omar al-Baschir gestürzt wurde, das Militär die Macht nicht an eine zivile Regierung abgibt», weiss SRF-Afrika-Korrespondentin Anna Lemmenmeier. Gleichzeitig habe sich auch die wirtschaftliche Situation seit den Unruhen nicht verbessert. Alltägliche Dinge wie Brot oder Benzin gebe es nicht oder sind sehr teuer, so Lemmenmeier.
Wer wird verantwortlich gemacht? Die Protestbewegung macht die gefürchtete paramilitärische Einheit RSF des Generals Mohammed Hamdan Dagalo für den Tod der Jugendlichen verantwortlich. Die RSF sind formell eine Einheit der Streitkräfte, agieren aber weitgehend autonom. Ihnen werden viele Menschenrechtsverletzungen nachgesagt. Sie werden auch für die Tötung von mehr als 100 Menschen bei der gewaltsamen Räumung einer Sitzblockade in Khartum am 3. Juni verantwortlich gemacht.
Werden die Vorfälle untersucht? Ja. Den Demonstrierenden würde das aber nicht reichen, sagt Lemmenmeier: «Der Übergangsmilitärrat verspricht immer wieder, solche Vorfälle aufzuarbeiten. So zum Beispiel auch das Massaker vom 3. Juni.» Das sei eine Zäsur in den Protesten gewesen, welche die Demonstrierenden daran erinnern würde, mit was für einem Regime sie es eigentlich zu tun haben.
Kommando von ganz oben? Am Wochenende hat das Militär einen Bericht für den 3. Juni vorgelegt und gesagt, dass man es aufgearbeitet habe. «Darin übernimmt die Regierung aber überhaupt keine Verantwortung. Der Militärrat sagt, die Toten gingen auf das Konto von Militärs, die sich nicht an Befehle gehalten hätten», so die Afrika-Korrespondentin. Das entspreche nicht der Art der Aufarbeitung, welche die Demonstrierenden fordern. Zumal es glaubhafte Hinweise dafür gebe, dass das Kommando am 3. Juni wie auch am Montag von ganz oben kam.
Wie geht es weiter in Sudan? Vor zwei Wochen wurde ein erstes Dokument zwischen dem regierenden Militärrat und der Protestbewegung unterschrieben, in dem es darum ging, die Macht zu teilen, aber: «Das zweite und viel umstrittenere Dokument ist noch nicht unterzeichnet», so Lemmenmeier. Die Knackpunkte dabei seien, wie viel Macht der Übergangsrat haben dürfe. Und: «Die Militärs wollen Immunität für die Mitglieder der Übergangsregierung, während die Demonstrierenden fordern, dass die Verantwortlichen für all die Toten in den letzten Monaten zur Rechenschaft gezogen werden.»