- Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab hat an einer Pressekonferenz seinen Rücktritt erklärt. Korruption habe die Katastrophe verursacht, erklärte Diab.
- Der Rücktritt von Diab bedeutet auch das Aus der gesamten Regierung in Libanon.
- Der Ministerpräsident reagierte damit auf öffentlichen Druck und gewaltsame Proteste gegen die Regierung am vergangenen Wochenende.
Am Abend machte der Ministerpräsident in einer Fernsehansprache offiziell, was jetzt ohnehin alle erwartet hatten. Diab wollte jedoch nicht abtreten, ohne der politischen Elite des Mittelmeerlandes noch einmal die Leviten zu lesen.
Er geisselte die «chronische Korruption» in Politik und Verwaltung, die er für den Absturz des Landes und auch für die schwere Detonation verantwortlich machte. «Das System der Korruption ist grösser als der Staat», sagte Diab. «Es gibt welche, die die Fakten fälschen, vom Aufruhr leben und mit dem Blut der Menschen handeln.»
Das Aus nach sieben Monaten – und der Katastrophe
Diab und seine Minister hatten gerade einmal sieben Monate nach Amtsantritt in grossen Teilen der Öffentlichkeit selbst jegliches Vertrauen verloren. Die Wut in der Bevölkerung ist immer noch enorm.
Kaum jemand wollte dem Premier das Versprechen abnehmen, die Hintergründe des Unglücks mit 160 Toten und mehr als 6000 Verletzten offen aufzuklären. Vielmehr machen viele Libanesen die Regierung für die gewaltige Detonation verantwortlich.
Werden Neuwahlen die Lage beruhigen?
Der Premierminister hatte am Wochenende zunächst angekündigt, dem Kabinett an diesem Montag eine vorgezogene Neuwahl vorzuschlagen. Damit wollte er die Lage beruhigen. Die nächste Abstimmung über das Parlament stünde im Libanon eigentlich erst 2022 an. Damit konnte er sich letztlich aber nicht mehr durchsetzen.
Die führenden politischen Blöcke im Parlament müssen sich jetzt auf einen Nachfolger einigen. Es ist unklar, wie lange das dauern wird. Eine zentrale Rolle spielt die Iran-treue schiitische Hisbollah, die zu den einflussreichsten politischen Kräften des Landes gehört. Gegen die Hisbollah kann kaum eine Regierung gebildet werden. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass auch eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments die Lage nicht beruhigen kann. Die Demonstranten verlangen weitgehende politische Reformen.