Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, weile nach seinem Wissen im russischen Sankt Petersburg, sagte Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko am Donnerstag der Agentur Belta zufolge. Gleichzeitig soll der Kreml sein Anwesen durchsucht haben. Russland-Korrespondent Calum MacKenzie beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist über Prigoschins Verbleib bekannt?
Man weiss nichts Gesichertes, doch Lukaschenko schien zu bestätigen, was man in den letzten Tagen aus Flugdaten hatte ableiten können. Diese zeigen, dass Prigoschins Privatjet in Sankt Petersburg und in Moskau gelandet ist, davor war der Jet im belarussischen Minsk. Prigoschin selbst hat man seit dem Wagner-Aufstand vor bald zwei Wochen nicht mehr gesehen. Am Montag hat er sich zuletzt auf Telegram mit einer Sprachnachricht gemeldet, ohne dabei aber seinen Aufenthaltsort oder seine Pläne zu nennen.
Laufen die Ermittlungen gegen Prigoschin in Moskau weiter?
Die russischen Behörden haben mehrmals versprochen, das Verfahren gegen Prigoschin einzustellen. Kremlsprecher Dmitri Peskow hat zuletzt gesagt, dass man weder die Kapazität noch die Absicht habe, Prigoschins Bewegungen zu verfolgen. Gleichzeitig wurde in den staatlichen Medien berichtet, dass die Ermittlungen doch weiterlaufen. Es soll auch eine polizeiliche Durchsuchung in Prigoschins Villa in Sankt Petersburg durchgeführt worden sein. Für den Aufstand scheint es also doch Konsequenzen für Prigoschin zu geben, aber der Kreml will sich noch nicht richtig dazu bekennen.
Russische Medien veröffentlichten Bilder der Durchsuchung von Prigoschins Haus. Warum tut das der Kreml?
Diese Bilder wurden offenbar von den Sicherheitskräften geleakt. Es sind einerseits Bilder aus dem luxuriösen Zuhause von Prigoschin in Sankt Petersburg, andererseits auch skurrile Selfies von Prigoschin in Verkleidungen, teilweise mit exzentrischen Perücken und falschen Bärten. Es ist nicht klar, was der Kontext dieser Fotos ist. Ziel des Kremls könnte sein, Prigoschin zu diskreditieren. Die fragwürdigen Selfies sollen ihn zur Lachnummer machen, die Fotos aus seinem opulenten Haus wohl den Eindruck erwecken, er sei korrupt.
Prigoschin genoss in der russischen Bevölkerung ein gewisses Ansehen. Hat die Diskreditierung Einfluss darauf?
Vor allem der Aufstand hat einen Einfluss darauf. Das unabhängige Meinungsforschungsinstitut Lewada hat Prigoschins Zustimmungswerte untersucht. Man kann nicht sagen, dass Prigoschin in der Bevölkerung wirklich beliebt war, aber nachdem die Wagner-Truppen Bachmut eingenommen haben, galt er laut Umfragen als einer der vertrauenswürdigsten Menschen in Russland. Vor dem Aufstand lag seine Zustimmungsrate bei 59 Prozent, danach ist sie auf 29 Prozent gesunken. Der Aufstand ist in der russischen Bevölkerung mehrheitlich nicht gut angekommen.
Wie steht es um die Wagner-Truppen?
Vor einigen Tagen machten Satellitenbilder vom Bau eines Lagers in Belarus die Runde, in welches sich Tausende Wagner-Soldaten zurückziehen sollten. Es ist unklar, was es mit diesen Bildern auf sich hat. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat diese Woche davon gesprochen, man habe in Belarus Vorbereitungen für die Ankunft der Wagner-Truppen beobachtet, aber im Moment seien nur wenige dort. Lukaschenko hat am Donnerstag gesagt, die Wagner-Truppen seien noch nicht in Belarus angekommen und ihr Umzug nach Belarus sei noch nicht definitiv besprochen worden. Wie es scheint, sind sie mehrheitlich noch in ihren Lagern in der Ukraine.