Worum geht es? Zwei Wochen nach der Parlamentswahl in Polen ist noch immer keine neue Regierung in Sicht. Die Oppositionsparteien verfügen gemeinsam über eine Mehrheit im Parlament und wollen die künftige Regierung stellen. Doch die bisherige Regierungspartei – sie bleibt nach den Wahlen die grösste Partei im polnischen Parlament –, die national-konservative PiS, legt einer neuen Regierungsbildung Steine in den Weg, wo sie nur kann.
Wieso Verzögerung? Dreh- und Angelpunkt für eine neue Regierung ist Staatspräsident Andrzej Duda. Er vergibt den Auftrag zur Regierungsbildung. «Duda wankt noch, ob er der grössten Partei PiS den Auftrag für die Bildung einer neuen Regierung geben will oder dem Oppositionsblock», sagt der in Polen lebende Journalist Jan Opielka. Der Hintergrund: Duda gehört selber ebenfalls der PiS an, die bei den Wahlen am meisten Sitze im Parlament geholt hat. Allerdings hat die PiS keine Aussicht darauf, einen Koalitionspartner unter den anderen Parteien für eine Regierungsmehrheit zu finden. Insofern käme ein Regierungsauftrag seitens Dudas an die PiS einer reinen Verzögerungstaktik gleich.
Die Opposition will fehlbare PiS-Politiker wegen Verfassungsbrüchen vor Gericht bringen.
Was tut der Präsident? Wenn Staatspräsident Duda den Regierungsauftrag zunächst der PiS gäbe, obschon diese keine Aussicht auf eine Regierungsbildung hat, würde er sich der Lächerlichkeit preisgeben, stellt Opielka fest. Der Journalist geht davon aus, dass am 13. November, bei der ersten Parlamentssitzung, ein Vertreter der Opposition zum Parlamentspräsidenten gewählt wird. Danach könnte sich Duda dafür entscheiden, Oppositionsführer und Ex-Premier Donald Tusk mit der Regierungsbildung zu beauftragen, glaubt Opielka.
Was tut die PiS? In der Zwischenzeit versuche die amtierende PiS-Regierung, Zwietracht unter den drei potenziellen Koalitionspartnern für eine neue Regierung zu säen, so Opielka. Die Opposition wirft der PiS auch vor, die Verzögerung zu missbrauchen, um kompromittierende Akten zu vernichten: «Die Opposition hat angekündigt, fehlbare PiS-Politiker wegen Verfassungsbrüchen vor Gericht bringen zu wollen», so der Journalist. Mit der Aktenvernichtung würde die PiS also dafür sorgen, dass die juristischen Angriffsflächen gegen ihre Politiker möglichst klein wären.
Zwischen den drei Blöcken der Opposition gibt es auch Differenzen.
Was tut die Opposition? Die Verzögerung bei der Regierungsbildung hat handfeste Folgen. So kann die potenzielle neue Regierung der bisherigen Opposition ihre Arbeit erst später aufnehmen. Eines ihrer Wahlversprechen war es, möglichst rasch dafür zu sorgen, dass bisher blockierte 50 Milliarden Euro an Subventionen aus Brüssel möglichst rasch freigegeben werden. Das verzögert sich nun. Hinzu kommt, dass auch die Einigung unter den Oppositionsblöcken auf einen gemeinsamen politischen Kurs Zeit brauchen wird. Denn: «Zwischen den drei Blöcken gibt es auch Differenzen», so Journalist Opielka.