Angesichts der Lage in Afghanistan soll der Bundesrat jetzt handeln und grosszügig Menschen aus dem Land aufnehmen. Das haben Flüchtlings- und Asylorganisationen sowie die SP und die Grünen gefordert. Während der Syrienkrise habe die Schweiz ebenfalls tausende Menschen aufgenommen.
Tatsächlich weitete der Bundesrat im Herbst 2013 die Regeln für den Familiennachzug aus Syrien aus, um den dortigen Menschen zu helfen. Auch die Eltern und Geschwister von Geflüchteten, die bereits in der Schweiz waren, konnten ein Gesuch um ein Visum stellen.
Unsere Auslandvertretungen waren damals innert kürzester Zeit vollkommen überlastet.
Für die Afghanistan-Krise sei das allerdings kein Vorbild, sagt Daniel Bach vom Staatssekretariat für Migration. «Wir haben damals gemerkt, dass sehr viele Leute in sehr kurzer Zeit einen Antrag auf ein Visum gestellt haben. Unsere Auslandsvertretungen waren innert kürzester Zeit vollkommen überlastet.» Deshalb habe man den Familiennachzug nach einiger Zeit wieder eingestellt.
Abruptes Ende des Familiennachzuges
Dessen abruptes Ende führte damals zum Teil zu dramatischen Situationen. Manche Menschen hatten ihr Haus in Syrien bereits verkauft, waren dann aber zu spät für ein Visum. Am Schluss habe man gleichwohl praktisch allen helfen können, so Bach.
Wir rechnen damit, dass wir in kürzester Zeit 40'000- 50'000 Gesuche hätten.
Insgesamt kamen damals circa 5000 Menschen in die Schweiz. Im Fall von Afghanistan wären es allerdings bedeutend mehr, sagt Bach. «Wir rechnen damit, dass wir in kürzester Zeit 40'000- 50'000 Gesuche hätten, wenn alle Berechtigten einen solchen Antrag stellen würden.» Das wäre für die Auslandsvertretungen schlicht nicht zu verarbeiten.
Wir sind in der Schweiz durchaus in der Lage, eine grössere Anzahl Menschen aufzunehmen.
Für Lea Hungerbühler von der Asylberatungsstelle AsylLex ist das kein Argument gegen die Anwendung der Syrien-Regelung in der Afghanistan-Krise. Besondere Situationen erforderten besondere Lösungen. «Meines Erachtens sind wir in der Schweiz durchaus in der Lage, eine grössere Anzahl Menschen aufzunehmen.» Diese seien im Moment in Afghanistan wirklich an Leib und Leben bedroht.
Visaerleichterungen würden viele Personen betreffen, die sich in Nachbarländern von Afghanistan aufhalten.»
Doch nicht alle Flüchtlingsorganisationen fordern die Anwendung der Syrien-Regelung auch für Afghanistan. Carolin Krauss vom Schweizerischen Roten Kreuz etwa ist skeptisch. «Würde man Visaerleichterungen einsetzen, würde dies viele Personen betreffen, die sich bereits in den Nachbarländern von Afghanistan aufhalten.»
Frage des politischen Willens
Natürlich müsse man auch diesen Menschen helfen, betont Krauss. Doch viele, die für einen grosszügigeren Familiennachzug infrage kämen, lebten bereits seit Jahren im Iran oder auch in Pakistan.
So bleibt die Frage, wie man den Menschen in Afghanistan am besten helfen kann. Ob die Schweiz grosszügig Menschen aufnehmen will, sollten sie Afghanistan dereinst verlassen können, ist indessen auch eine Frage des politischen Willens.