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Israel meldet Sinwars Tod Tod von Hamas-Chef hat wohl kaum Einfluss auf den Kriegsverlauf

Monatelang war unklar, wo sich Hamas-Chef Yahya Sinwar aufhält. Jetzt hat die israelische Armee mitgeteilt, Sinwar bei einem Einsatz im Gazastreifen getötet zu haben. Er befehligt die Hamas im Gazastreifen und gilt als Drahtzieher des Terroranschlags auf Israel am 7. Oktober 2023.

Sinwars Tod wäre für den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu eine Gelegenheit, mit der weiteren Zerstörung des eh schon komplett zerstörten Gazastreifens aufzuhören. Es wäre eine Möglichkeit zu sagen: Ein Kriegsziel ist erreicht – Hamas-Anführer Sinwar ist tot, die Hamas ist arg geschwächt und hat nicht einmal mehr die Kontrolle über den Gazastreifen.

Wer wird nun Verhandlungspartner für einen Geiseldeal?

Es gibt allerdings einen Haken – und darauf haben die Angehörigen der Geiseln in Israel heute Abend bereits hingewiesen: Wer ist nach Sinwars Tod Ansprech- oder Verhandlungspartner bei der Hamas, um die rund 100 im Gazastreifen verbliebenen Geiseln zu befreien oder ihre Leichen nach Hause zu bringen? Israelische Medien berichteten immer: Sinwar umgebe sich mit Geiseln, und wenn man ihn finde, finde man sicher auch weitere Geiseln. Das war offenbar nicht der Fall.

Israels Regierung wird argumentieren: Es gelte, das zweite Kriegsziel zu erfüllen, nämlich die Geiseln sicher nach Hause zu bringen. Das würde bedeuten: Der Krieg im Gazastreifen geht auf unbestimmte Zeit weiter, und damit auch das immense Leiden und Sterben der palästinensischen Zivilbevölkerung und der Geiseln.

Die Angehörigen der Geiseln rufen ihre Regierung und die Welt dazu auf, nach Sinwars Tod die Gelegenheit zu ergreifen und die Freilassung der restlichen Geiseln auf diplomatischem Weg zu erwirken. Doch wie gesagt: Wer ist jetzt Ansprechpartner der Hamas? Einmal abgesehen davon, dass es nach mehr als einem Jahr dieses verheerenden Krieges sehr ungewiss ist, wer die Geiseln überhaupt festhält und wie viele noch leben.

Netanjahus Regierung hält die Fäden in der Hand

Auch wenn Premier Netanjahu immer wieder bekräftigte, die Rettung der Geiseln sei für seine Regierung eine Priorität: Auf ein Geiselabkommen hat er sich seit vergangenem November nie mehr eingelassen. Zwar gab Netanjahu der Hamas die Schuld am Scheitern der Geisel-Verhandlungen.

Doch für die Angehörigen der Geiseln ist klar: Netanjahu hatte andere Prioritäten. Nämlich die Ausweitung des Krieges auf Libanon, um dort die Hisbollah zu zerschlagen. Und die Weiterführung des Krieges im Gazastreifen, um die Kontrolle darüber zu übernehmen, wie das seine rechtsextremen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir fordern.

Sinwars Tod alleine wird kaum einen grossen Einfluss auf den Kriegsverlauf im Gazastreifen haben. Wann dieser Krieg endet, respektive wie lange er weitergeht, wird in erster Linie Premier Netanjahus Regierung bestimmen.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

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SRF 4 News, 17.10.2024, 17 Uhr

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