Darum geht es: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist heute auf Staatsbesuch in Ungarn bei Premier Viktor Orbán. Die beiden Nato-Mitglieder Türkei und Ungarn blockieren bisher den Beitritt Schwedens zum Militärbündnis. Dieser wird eines der zentralen Themen beim Treffen in Budapest sein. Erdogan und Orbán arbeiten in dieser Frage eng zusammen, und sie treffen sich bereits zum vierten Mal dieses Jahr. Orbán interessiert vor allem, ob sich die Haltung der Türkei verändert hat, denn er möchte nicht, dass Ungarn den Nato-Beitritt Schwedens als letztes Land ratifiziert. Die beiden Staatsmänner haben eine gemeinsame Pressekonferenz für 16.00 Uhr angekündigt.
Diese Bedingungen stellt die Türkei: Offiziell kritisiert die Türkei den angeblich zu laschen Umgang Schwedens mit der kurdischen PKK auf schwedischem Boden. Doch der wahre Grund ist die Weigerung der USA, der Türkei Kampfflugzeuge vom Typ F-16 zu liefern. Der US-Kongress will erst liefern, wenn Ankara dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hat. Erdogan dagegen will zuerst die Kampfjets, bevor er grünes Licht für Schweden geben will.
Darum könnte es jetzt vorwärtsgehen: Offenbar hat Erdogan in den letzten Tagen vor dem Staatsbesuch in Ungarn eine etwas versöhnlichere Haltung angedeutet, ohne dass Ankara konkret geworden wäre, wie Thomas Seibert, freier Journalist in Istanbul, erklärt. So liegt die Nato-Vorlage zurzeit im aussenpolitischen Ausschuss des türkischen Parlaments und könnte zügig ins Plenum zur Ratifizierung weitergeleitet werden. Türkische Politiker signalisierten ihren Nato-Kollegen, dass das möglicherweise vor Jahresende geschehen könnte. Erdogans Verteidigungsminister meldete, dass die technischen F-16-Gespräche mit den USA abgeschlossen seien und er bald konkrete Entwicklungen erwarte. Erdogan zeigte sich nach einem Telefongespräch mit US-Präsident Biden vor kurzem ebenfalls zuversichtlich.
Das verbindet die Türkei und Ungarn: Im Gegensatz zur Türkei ist Ungarn kein grosser Akteur in der globalen Politik. Trotzdem ist Erdogan an einer guten Beziehung zu Orbán gelegen, sind sie doch nicht nur in der Frage Schwedens, sondern auch in der Haltung zum Ukraine-Krieg enge Partner. Beide kritisieren, dass sich der Westen so eindeutig auf die ukrainische Seite gestellt hat. Erdogan vermittelte das Getreideabkommen und redet regelmässig mit Putin, der nächstes Jahr auch in der Türkei erwartet wird. Für Erdogan ist Ungarn zugleich der einzige Partner in der EU. Beim schwierigen Verhältnis zur EU ist es für Erdogan entsprechend wichtig, Orbán an seiner Seite zu halten.