Die arabischen Golfstaaten, angeführt von Saudi-Arabien, rücken immer enger heran an Russland. Obschon diese Staaten traditionell als pro-westlich gelten, weigern sie sich, in der UNO den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen.
Vorige Woche gaben sie gar einen Schulterschluss mit Russland bei der Ölförderung bekannt: Statt, wie von US-Präsident Joe Biden erhofft, mehr Öl zu fördern, verknappen sie das Angebot. Die Öl- und Gaspreise steigen. Davon profitiert am meisten der Kreml.
Bei Besuchen im Westen spricht Kronprinz Mohammed bin Salman, der starke Mann in Saudi-Arabien, zwar gerne von gemeinsamen Projekten und historischen Chancen. Tatsächlich wenden sich die Golfmonarchien aber vom Westen ab. Natürlich auch, weil der Kronprinz für viele demokratische Regierungen wegen andauernder Menschenrechtsverletzungen zum Paria geworden ist.
«Mit der Nähe zwischen Saudi-Arabien und den USA ist Schluss», sagt der Golfstaatenexperte Professor Giacomo Luciani vom Genfer Graduate Institute: «Der jüngste Besuch von US-Präsident Joe Biden in Saudi-Arabien, den dieser sichtlich widerwillig angetreten hatte, hat rein gar nichts gebracht.»
Dazu kommt: Biden sieht im Ukraine-Krieg die entscheidende Auseinandersetzung zwischen Demokratien und Autokratien. Wenn dem so sein soll, dann reihen sich die Feudalherrscher vom Golf eben bei den Diktatoren ein.
Putin ist inzwischen der einzige bedeutende Machthaber, der Mohammed bin Salman noch freundlich empfängt.
Auf der Weltbühne stehen viele Autokraten inzwischen ungeniert dazu, Autokraten zu sein. Es wächst eine Solidarität unter autoritären Herrschern, die sich den Demokraten entschieden entgegenstemmen. «Das fördert», so Giacomo Luciani, «die offenkundige Annäherung der Golfstaaten an Russland. Wladimir Putin ist inzwischen der einzige bedeutende Machthaber, der den saudischen Potentaten noch freundlich empfängt.»
Die Golfstaatenherrscher verstehen zudem die abrupte Wende des Westens gegenüber Russland nicht: Die Massaker in Tschetschenien, die Annexion der Krim, die Parteinahme für Diktator Baschar al-Assad in Syrien, alles habe man dem Kreml durchgehen lassen. Weshalb ist nun im Fall Ukraine alles anders?
«Golfstaaten sind angewiesen auf den Westen»
Die Golfmonarchen wie Mohammed bin Salman strotzen derzeit vor Selbstbewusstsein. Sie glauben zunehmend, den Westen gar nicht mehr zu brauchen. Nicht mal im Dauerstreit mit dem Erzrivalen Iran. «Doch da könnten sie sich täuschen», so Luciani. «Sie bleiben für ihre Verteidigung angewiesen auf westliche Waffen und Beratung.»
Russland kann nicht, China will nicht einspringen. Es mag im Nahen Osten keine Verantwortung übernehmen. Die USA könnten nun geplante Waffenlieferungen stoppen. Und sie könnten die Erdölorganisation Opec formell als Kartell erklären und damit als illegal und Strafmassnahmen gegen deren Mitglieder einführen.
Biden kündigt Konsequenzen an
Tatsächlich ist US-Präsident Joe Biden über das Flirten der Golfstaaten mit Moskau zutiefst verärgert. Das werde Konsequenzen haben, kündigte er im Nachrichtensender CNN an. Welche genau, sagt er nicht.
US-Parlamentsabgeordnete hingegen überbieten sich bereits mit Vorschlägen. Die USA haben durchaus noch Pfeiler im Köcher, um den Golfmonarchen Grenzen aufzuzeigen.