Was sind Kernwaffen? Kernwaffen, auch Atom- oder Nuklearwaffen, sind Massenvernichtungswaffen. Ihr Prinzip beruht auf Kernspaltung beziehungsweise Kernfusion. Von allen Waffen der Menschheit besitzen Atomwaffen das mit Abstand höchste Vernichtungspotenzial. Bekannte Beispiele für Atombomben sind «Little Boy» und «Fat Man», die die USA 1945 auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hat.
Zu den Atomwaffen gehört auch die Wasserstoffbombe, bei der sich zuerst Atomkerne spalten und in einem zweiten Schritt wieder verbinden – quasi eine Atombombe in der Atombombe. Fast alle Atomwaffen beruhen mittlerweile auf diesem Grundprinzip.
Wer hat Atomwaffen und wie viele? Aktuell gibt es neun Staaten, von denen bekannt ist, dass sie über Nuklearwaffen verfügen.
Die offiziell anerkannten Atommächte Russland, USA, China, Grossbritannien und Frankreich haben sich eigentlich im Atomwaffensperrvertrag zur Abrüstung verpflichtet. Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea haben den Atomwaffensperrvertrag bis heute nicht unterzeichnet.
Welche Arten von Atomwaffen gibt es? Atomwaffen gibt es in vielen Varianten, grundsätzlich wird allerdings zwischen strategischen und taktischen Atomwaffen unterschieden.
- Taktische Kernwaffen sollen ähnlich wie «normale» Waffen im Gefecht eingesetzt werden. Die Sprengleistungen sind im Vergleich zu strategischen Waffen (siehe unten) gering, jedoch ungleich zerstörerischer als «normale» Waffen. «Viele der heutigen sogenannten taktischen Kernwaffen mit geringer Sprengkraft sind in Wirklichkeit stärker als die Bomben, die über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden», sagt Alexander Bollfrass vom Center for Security Studies der ETH Zürich.
- Strategische Kernwaffen sollen im Gegensatz zu taktischen mit Reichweite und Sprengkraft beeindrucken und werden in erster Linie gegen gegnerische Städte eingesetzt, aber sie können auch für Angriffe auf wichtige militärische Einrichtungen wie Marinestreitkräfte auf See und grosse Truppenstützpunkte verwendet werden, erklärt Sicherheitsexperte Stephen Herzog von der ETH Zürich. Klassische Beispiele von Trägersystemen solcher strategischer Kernwaffen sind:
Trägersysteme für strategische Kernwaffen
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Bild 1 von 3. Interkontinentalraketen fliegen fast senkrecht in den erdnahen Weltraum, um dann in einem steilen Bogen ins Ziel zu «fallen». Sie können mit bis zu zehn Atomsprengköpfen ausgestattet werden, die jeweils unterschiedliche Ziele treffen. Reichweite bis zu 15'000 Kilometer, Start von Silos oder mobilen Raketensystemen, wie dieses von Russland (2022). Bildquelle: Reuters/Maxim Shemetov.
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Bild 2 von 3. Ballistische Raketen auf U-Booten: Für den Gegner nahezu unsichtbar, können sich Atom-U-Boote auf mittlere Distanz annähern und ihre Atomraketen zünden. (Raketentest Nordkorea, 2019). Bildquelle: Reuters/KCNA.
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Bild 3 von 3. Langstreckenbomber (hier Boeing B-52 der US-Luftwaffe): Kann mehrere Atombomben abwerfen und nukleare Marschflugkörper abfeuern, Reichweite bis über 10'000 Kilometer – von Moskau bis New York sind es rund 7500 Kilometer. Bildquelle: Reuters/Tim Chong.
Welche Staaten wollen Atomwaffen beschaffen? Experten rechnen damit, dass sich der Kreis der Atommächte in den nächsten Jahren erweitern wird. Für Mark Fitzpatrick, früher im US-Aussenministerium verantwortlich für Massenvernichtungswaffen und heute Strategie-Experte in London, sind Iran und Saudi-Arabien die wahrscheinlichsten Neuzugänge. Sobald Iran Atomwaffen besitze, würden weitere Regionalmächte nicht zuschauen, sondern reagieren.
Kann Putin alleine über einen russischen Kernwaffeneinsatz befehligen? Als sicher gilt, dass der russische Präsident als Oberbefehlshaber der Streitkräfte dazu berechtigt ist. Das geht aus dem Report von Jeffrey Lewis und Bruno Tertrais hervor. Unklar ist allerdings, ob ein solcher Befehl von einer oder mehreren Personen bestätigt werden müsste.
Drei Schlüsselfiguren haben einen Aktenkoffer zur Verfügung, mit der sie Befehlsgewalt über die Kernwaffen ausüben können. Neben Wladimir Putin sind das der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu und der Generalstabschef Waleri Gerassimow. Viele Experten sind sich einig, dass das russische System verhindern soll, dass eine einzige Person die Starterlaubnis für Kernwaffen erteilen kann.