Zum Inhalt springen

Neue Mächte in Afghanistan Widerstand im Pandschir-Tal macht Taliban zu schaffen

  • Widerstandskämpfer im afghanischen Pandschir-Tal haben den militant-islamistischen Taliban eigenen Angaben zufolge schwere Verluste zugefügt.
  • Etwa 1000 Islamisten seien in der einzigen Provinz, die bisher noch nicht von den Taliban kontrolliert wird, nach der Blockade einer Fluchtroute eingeschlossen worden, schrieb der Sprecher der Nationalen Widerstandsfront, Fahim Daschti, am Sonntag auf Twitter.
  • Alle Angreifer seien getötet worden, hätten sich ergeben oder seien gefangen genommen worden, hiess es weiter. Zudem seien alle Taliban aus dem Bezirk Parjan vertrieben worden.

Viele Angaben beider Seiten widersprechen sich und können nicht unabhängig überprüft werden. Offensichtlich drangen die Taliban weiter in das Pandschir-Tal vor. Die italienische Hilfsorganisation Emergency, die ein Krankenhaus und eine Geburtenstation im Tal betreibt, teilte auf Twitter mit, dass die Islamisten das Dorf Anabah, rund 30 Minuten von der Provinzhauptstadt Basarak entfernt, erreicht hätten.

Die Islamisten erklärten am Sonntag, sechs der sieben Bezirke seien bereits unter ihrer Kontrolle. Verteter der Widerstandskämpfer gaben dagegen am Sonntag an, der Bezirk Parjan am Talende sei vollständig von Taliban-Kämpfern befreit worden. Am Eingang zum Tal seien Taliban nach der Sprengung eines Teils eines Berges eingekesselt. Rund 1000 Angreifer seien getötet oder gefangen genommen worden.

Der bisherige Parlamentarier Sal Mohammed Salmai Noori aus der Provinz Pandschir sagte, dass es Gefechte im Bezirk Schutul und Parjan gebe. Andere Gebiete im Tal seien unter vollständiger Kontrolle des Widerstands.

Die beiden Bezirke liegen jeweils am Anfang und am Ende des Tales. Von einem Bewohner des Bezirkes Schutul hiess es, Taliban-Kämpfer seien in sein Dorf vorgedrungen und hätten mehrere geparkte Autos kaputt geschossen. Die meisten Zivilisten seien bereits davor in die Berge geflüchtet. Die Taliban-Kämpfer seien wieder abgezogen.

IKRK will helfen

Derweil ist IKRK-Präsident Peter Maurer ist zu einem dreitägigen Besuch in Afghanistan eingetroffen. Er will medizinische Zentren besichtigen und mit Behördenvertretern im Land sprechen, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) am Sonntag mitteilte. In diesen Zentren werde Kranken und Opfern von Gewalt geholfen. Das IKRK kann in Afghanistan seine Arbeit auch nach dem Abzug der internationalen Truppen fortsetzen.

Das IKRK hat rund 1800 Mitarbeiter in Afghanistan, davon 100 Delegierte. Das afghanische Volk habe 40 Jahre Konflikt hinter sich und stehe vor einem langen Prozess der Heilung und des Wiederaufbaus, liess sich Maurer zitieren. Das IKRK wolle bei der Genesung helfen. Die Zukunft aller Afghanen hänge vom Mitgefühl, der Empathie und kontinuierlichen Investitionen der internationalen Gemeinschaft ab.

Regierungsbildung lässt weiter auf sich warten

Box aufklappen Box zuklappen

Wann die Taliban ihre Regierung vorstellen werden, ist weiter unklar. Es gibt Berichte, denen zufolge die Taliban-Führung erst die Pandschir-Frage gelöst haben will. Beobachter berichten aber auch von internen Querelen und Postengeschacher.

Die Zusammensetzung der Regierung ist seit Tagen Gegenstand von Gerüchten. Zuletzt hiess es immer öfter, ihr würden ausschliesslich Taliban-Mitglieder angehören. Das widerspricht Forderungen aus dem Ausland sowie Versprechen der Islamisten, auch andere Politiker einzubinden.

Wieder etwas Normalität

Das öffentliche Leben normalisierte sich am Wochenende ein bisschen. Am Samstag wurde in Kabul der grosse Geldwechslermarkt wieder eröffnet. Im Land herrscht eine Bargeldkrise, weil die Reserven der Regierung, die im Ausland geparkt sind, eingefroren sind und somit die regelmässigen Bargeldlieferungen ins Land ausbleiben. Auch erste Inlandsflüge wurden am Wochenende wieder aufgenommen.

SRF 4 News, 04.09.2021, 10:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel