Die politischen rechten Kräfte in Europa formieren sich neu. Federführend ist dabei Viktor Orban, der Ministerpräsident Ungarns. Nachdem seine Partei Fidesz sich von der grössten Fraktion im Europäischen Parlament, der konservativen EVP-Fraktion, getrennt hat, suchen die 12 Fidesz-Abgeordneten nun eine neue Heimat. Dafür wollen sie eine gemeinsame Fraktion der rechten Parteien aufbauen.
Orban hat dafür in Budapest politische Verbündete empfangen: Polens Ministerpräsidenten Matteusz Morawiecki und den Chef der italienischen Lega, Matteo Salvini.
Die drei Politiker kündigten nach dem Treffen an, sich gemeinsam für eine «europäische Renaissance» einzusetzen. «Viele Millionen europäischer Bürger sehen sich ohne entsprechende und wirksame politische Vertretung in Europa», erklärte Orban.
Für diesen Zweck wollen die drei Parteien gemeinsame Programme entwerfen. Es gehe vor allem um Werten wie Familie, individuelle Würde und Christentum, sagte Morawiecki.
Pläne seit der Europawahl 2019
Über einen Zusammenschluss der rechten Parteien im Europäischen Parlament wurde bereits bei den Europawahlen 2019 nachgedacht. Die Profile der verschiedenen Parteien sind allerdings bei gesellschaftlichen oder aussenpolitischen Fragen sehr unterschiedlich. Nach den Europawahlen haben sich dann zwei Fraktionen mit einem rechten Profil gebildet:
- Zum einen die europakritische Fraktion «Identität und Demokratie» mit 74 Mitgliedern. Darin ist die italienische Lega von Matteo Salvini die stärkste Kraft, zusammen mit dem französischen Rassemblement National von Marine Le Pen oder der deutschen AfD.
- Zum anderen gibt es die Mitte-rechts-Fraktion «Europäische Konservative und Reformer» mit 62 Mitgliedern. Hier ist die polnische PiS-Partei die stärkste Kraft.
Für eine neue Rechts-Fraktion müssten diese beiden Gruppen zusammengelegt werden. Dabei ist offen, ob die Parteien ihre Differenzen überwinden können.
Kleines politisches Erdbeben im EU-Parlament
Viktor Orban möchte die Chance für eine neue Grossfraktion im Europäischen Parlament nutzen. Die PiS-Partei aus Polen könnte ihm dabei Unterstützung bieten.
Es gibt zwar insbesondere in Bezug auf Russland unterschiedliche Positionen, aber die Gemeinsamkeiten seien grösser, sagt SRF-Osteuropa-Korrespondent Peter Balzli.
Die polnische Regierungspartei PiS und die ungarische Fidesz hätten viel gemeinsam. Vor allem ihr Bekenntnis zum Nationalismus und die Ablehnung einer liberalen Gesellschaft, sagt Peter Balzli: «Gelingt es den beiden Parteien jetzt im Europaparlament, zusammen mit der italienischen Lega, eine neue Superfraktion zu bilden, könnten sie dort auf einen Schlag die zweitstärkste Kraft werden. Es wäre ein kleines politisches Erdbeben, das den Einfluss der rechten Parteien in Europa stärken würde.»