Im Sudan herrscht seit letztem Wochenende Aufbruchstimmung. Der Militärrat, der nach dem Sturz von Langzeitherrscher Omar al-Bashir im April 2019 die Regierungsgeschäfte führte, hat sich nach monatelangem Ringen bereit erklärt, die Macht mit der Opposition zu teilen. Seit Mittwochabend ist diese Übergangsregierung im Amt. Im Jahr 2022 werden reguläre Wahlen stattfinden.
Wirtschaftsexperte als Premierminister
Angeführt wird die Regierung von Abdalla Hamdok. Hamdok hat jahrelang als Wirtschaftsexperte für die UNO gearbeitet. Er wird innerhalb einer Woche ein Kabinett zusammenstellen. Der neue Premierminister sieht als oberste Priorität den dauerhaften Frieden, die Bekämpfung der Wirtschaftskrise und eine «ausgeglichene Aussenpolitik».
Der künftigen Regierung zur Seite steht ein Souveräner Rat, der aus fünf Militärangehörigen und sechs Zivilisten besteht. Dieser wird die nächsten 21 Monate von General Abdel Fattah Burhan angeführt. Er war seit April der Chef der Militärregierung. Danach übernimmt ein Zivilist die Leitung des Souveränen Rates.
Wirtschaftlicher Aufbau
Am Dringlichsten für die Bevölkerung sei die Stabilisierung der Lebensumstände, sagt auch Sudan-Experte Tobias Simon, der lange im Land gelebt hat und in Deutschland Sudanesisch-Arabisch unterrichtete. «Die Inflation beträgt bis zu 40 Prozent und es gibt Engpässe bei Benzin, Bargeld und Lebensmitteln.»
Die Regierung müsse neu ansetzen, um das Budget des Sudans besser zu managen. Eine Überlegung wert seien in diesem Zusammenhang die Ausgaben für Militär und Geheimdienst, die reduziert werden müssten. «Das ist eines der heikelsten Probleme.»
Ein Fundament für die Freiheitsrechte
Ebenfalls dringend nötig sei auch die Demokratisierung, sagt Simon, und die Gewährleistung der Freiheitsrechte der Menschen. Um die Meinungs- und Pressefreiheit sowie um die Rechte der Frauen stehe es nicht gut.
Man könne nicht erwarten, dass die Übergangsregierung den Sudan innerhalb von drei Jahren umkremple. Doch: «Die Menschen sollen in drei Jahren die Möglichkeit haben, an freien und fairen Wahlen teilzunehmen.» Auch wer zurzeit nicht an der Macht teilhaben könne, soll Mitspracherecht bei den Wahlen haben. Dafür müsse die neue Regierung nun ein Fundament legen, so der Experte.