Worum geht es? Nach drei Jahren Null-Covid-Politik in China rückt die Regierung offenbar von dieser ab. In einzelnen Städten und Provinzen gab es bereits letzte Woche einige Lockerungen bei den Corona-Massnahmen. Und auch übers Wochenende sind wieder Massnahmen gelockert worden.
Wie sehen die Lockerungen aus? Die Lockerungen der Massnahmen fallen unterschiedlich aus. In einigen Orten öffnen Märkte, Restaurants und Einkaufszentren. «Manchmal scheinen die Lockerungen aber doch eher ein Feigenblatt zu sein», sagt SRF-Chinakorrespondent Samuel Emch. Als Beispiel nennt er Schanghai. So entfällt dort zwar beispielsweise die PCR-Testpflicht für das Besuchen von Parks, registrieren müssen sich die Besuchenden aber weiterhin. In Läden, Restaurants, Banken, öffentlichen Gebäuden und Taxis muss zudem weiter ein PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist, vorgewiesen werden.
Wie stellt sich die Zentralregierung Lockerungen vor? Vonseiten der Zentralregierung gibt es derzeit keinen transparenten Plan, wie man allenfalls die Abkehr von der Null-Covid-Politik gestalten will. Auch, an welchen Parametern man sich dabei orientieren würde, bleibt unklar, also etwa mit Blick auf die Impfquote oder Kapazitäten im Gesundheitswesen. Noch vor den Protesten hat die Zentralregierung einen 20-Punkte-Plan herausgegeben, um die geltenden Massnahmen zu adjustieren. «Aber die Null-Covid-Politik als solche bleibt vorerst», sagt Samuel Emch.
Wieso lockert die Regierung nicht stärker? China wolle die Bevölkerung schützen und keine Coronatoten wie in den USA und Europa, betont die Regierung wiederholt. «Das hat man bis jetzt auch gut erreicht. Allerdings ist der Preis, den die Bevölkerung dafür zahlt, doch sehr hoch», so Emch. Deshalb kam es auch zu Protesten. Eine plötzliche Abkehr der Null-Covid-Politik sei jedoch nicht möglich: Die Impfquote, vor allem in den vulnerablen Gruppen, sei noch nicht genügend hoch. Auch fürchtet man, dass bei einer grossen Coronawelle das Gesundheitssystem rasch überlastet sein könnte. Entsprechend werden mancherorts Spitalkapazitäten aufgestockt. «Das wird als weiteres Signal interpretiert, dass sich China bald öffnen könnte.»
Wie reagiert die Bevölkerung auf die Lockerungen? Gerade die Bevölkerung in den Grossstädten war in den letzten Wochen und Monaten stark von der Null-Covid-Politik beeinträchtigt. Tausende von ihnen protestierten letztes Wochenende. «Bei ihnen spürt man nach wie vor eine gewisse Skepsis», sagt Samuel Emch. Denn bisher handele es sich um Mini-Schritte Richtung Lockerung. Eine Exitstrategie aus dem harten Null-Covid-Regime sei jedoch nicht bekannt. «In der jüngsten Vergangenheit haben wir nach kleinen Bewegungen Richtung Lockerung dann auch postwendend wieder Verschärfungen der Massnahmen gesehen.»
Protestieren die Menschen weiter? Vor den Lockerungen gab es in mehreren chinesischen Städten Proteste – zuerst gegen die Null-Covid-Politik, dann auch gegen die Führung allgemein. Am vergangenen Wochenende sei es in Schanghai ruhig geblieben, sagt Samuel Emch. Auch aus anderen Regionen des Landes gebe es keine Meldungen über weitere Proteste. «Die Polizei zeigt auch sehr stark Präsenz.» Wo vor einer Woche protestiert wurde, stünden heute immer noch grosse Absperrungen und überall sei Polizei.