Wegen drohender Corona-Massnahmen in China haben offenbar über 100 Mitarbeitende versucht, aus einer Iphone-Fabrik zu fliehen. Die Fabrik in Zhengzhou ist das grösste Iphone-Montagewerk in China. Rund 200’000 Menschen arbeiten dort, und in Zhengzhou haben die Coronafälle in der letzten Woche zugenommen. Die Menschen rechnen mit einem strengen Lockdown. ARD-Korrespondent Benjamin Eyssel berichtet, was bekannt ist.
SRF News: Warum flüchten die Menschen aus der Fabrik?
Benjamin Eyssel: Es gab in dieser Foxconn-Fabrik in Zhengzhou, wo Iphones hergestellt werden, einen Coronaausbruch. So viel ist klar. Es gibt Berichte, dass es in den vergangenen Tagen zu wenig zu essen und keine Medikamente gab. Die Versorgungslage war offenbar relativ schlecht, und dann sollen Leute eingesperrt worden sein.
Es gibt Bilder im chinesischen Internet, wie Leute über Zäune klettern, über Felder laufen und auf offenen Ladeflächen von Lastwagen mitfahren.
Man muss sich das wie eine kleine Stadt vorstellen. Da arbeiten und leben 200’000 bis 300’000 Menschen. Es gibt Bilder im chinesischen Internet, wie Leute über Zäune klettern, über Felder laufen und auf offenen Ladeflächen von Lastwagen mitfahren, weil sie nach Hause wollen. Diese Bilder sind schwer zu verifizieren, aber es gibt auch Berichte von Menschen, die dort eingesperrt waren, die das bezeugen.
Das heisst, dass die Leute trotz Lockdown weiterarbeiten müssen?
Genau. Wie es konkret ist, ob die Leute, die dort in ihren Schlafsälen eingesperrt waren, auch weiterarbeiten mussten, kann man nicht sagen. Der taiwanische Konzern Foxconn, der dort für Apple die Hälfte aller Iphones weltweit produziert, hat mitgeteilt, die Produktion gehe weiter. Es ist kurz vor Weihnachten, da besteht ein höherer Bedarf. Aber inwieweit die Menschen tatsächlich weiterarbeiten mussten oder konnten, ist schwer zu sagen, weil man nicht weiss, wie gross der Coronaausbruch war.
Foxconn hat am Wochenende gesagt, es werde die Mitarbeitenden nicht daran hindern, die Fabrik zu verlassen. Gibt es Zweifel, dass Foxconn sich daran hält?
Ja, man sieht, wie Menschen fliehen. Es gibt Berichte von Leuten, die bis zu 100 Kilometer zu Fuss nach Hause gehen, weil sie die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen können. In China braucht man für alles eine Corona-App. Auf der werden die PCR-Tests angezeigt. Die App muss einen grünen Code zeigen, damit man öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann.
Dass die Leute fliehen, steht in krassem Kontrast zur Aussage von Foxconn, dass niemand am Gehen gehindert werde.
Wenn Sie in einem Risikogebiet waren wie in diesem Foxconn-Werk, dann ist davon auszugehen, dass Ihre App auf Rot geschaltet wurde. Dann können Sie keinen öffentlichen Nahverkehr nutzen und keine Busse, keine Bahn. Es gibt Bilder von Menschen, die über Zäune klettern. Das steht in krassem Kontrast zur Aussage von Foxconn, dass niemand am Gehen gehindert werde.
Heisst das, die chinesische Regierung setzt weiter auf die strikte Null-Covid-Politik?
Die Regierung hält weiter an den strengen Corona-Massnahmen fest. Der Aufwand, der dahintersteckt, ist gigantisch. Die Kosten sind enorm, und es hat immer mehr Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die Leute sind zunehmend von den Massnahmen genervt. Sie merken, dass es ihnen häufig wirtschaftlich schlechter geht.
Foxconn ist ein zentraler Zulieferer für Apple. Welche Folgen könnten die Vorfälle für die Iphone-Produktion haben?
Wenn dort die Hälfte aller Iphones weltweit produziert wird und Teile des Werks möglicherweise schliessen müssen oder Arbeiter abhauen, dann funktionieren bestimmte Produktionslinien nicht mehr. Es ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass dies Auswirkungen auf die Produktion haben wird, gerade kurz vor Weihnachten.
Das Gespräch führte Claudia Weber.