Die Belege häufen sich, dass Nordkorea Russland unterstützt im Krieg gegen die Ukraine. Und zwar weitaus stärker als zunächst vermutet. Wichtig sind vor allem nordkoreanische Munitionslieferungen.
Die offene Frage lautete bisher gemäss Joseph Byrne von der britischen Strategiedenkfabrik Rusi: «Was bekommt das Kim-Regime als Gegenleistung?» Die Rusi-Forscher fanden nun eine plausible Antwort: Nordkorea bekommt Öl. Viel Öl.
Heimliche Schiffsladungen aus dem nahegelegenen Russland
Seit Anfang März transportiert gleich ein halbes Dutzend Tanker Öl vom russischen Hafen Vostochny zu Häfen im Osten Nordkoreas.
Die Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Quellen, darunter Satellitenbilder. Byrne: «Vostochny fiel Beobachtern bereits früher auf, weil dort öfters russische Schiffe anlegten, mutmasslich beladen mit nordkoreanischen Waffen und Munition.»
Nicht alle Öllieferungen nach Nordkorea sind illegal. Hingegen deckelt eine UNO-Resolution seit Anfang 2018 deren Umfang bei 0.5 Millionen Fass pro Jahr. Dieser Maximalwert für ganz 2024 dürfte mit den aktuellen Lieferungen schon bald erreicht sein.
Dazu kommt, dass die eingesetzten nordkoreanischen Schiffe auf dem UNO-Index stehen. Sie dürften gar keine ausländischen Häfen anlaufen. Tun sie es trotzdem, müssten sie festgesetzt werden. Die Fracht wurde der UNO zudem nicht pflichtgemäss gemeldet. Und die Schiffe schalteten ihre Transponder aus, damit sie schwieriger zu orten waren. All das deutet auf illegale Aktivitäten.
Russland half einst mit bei der Kontrolle Nordkoreas...
Die jüngsten Recherchen passen zu dem, was momentan im UNO-Sicherheitsrat passiert.
Mehr als ein Jahrzehnt lang trugen dort China und Russland Sanktionen gegen Nordkorea mit, um das Kim-Regime beim Bau von Atombomben zu behindern. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine torpedieren sie indes verschärfte Sanktionen – und halten sich selber immer weniger daran.
Die Schweiz bedauert die von Russland erzwungene Beendigung der Arbeit.
Die jüngste Zuspitzung erfolgte vor wenigen Tagen: Russland verhinderte mit seinem Veto, dass das UNO-Panel weiterarbeiten kann, das Verstösse gegen das Nordkorea-Sanktionsregime überwacht und über Zuwiderhandlungen berichtet. China enthielt sich der Stimme.
Moskaus UNO-Botschafter Wassily Nebenzia sagte: «Die Arbeit dieser Expertengruppe bringt nichts.» Exakt gegenteiliger Ansicht ist die Schweizer UNO-Botschafterin Pascale Baeriswyl, die das Nordkorea-Sanktionskomitee leitet: «Der Sicherheitsrat benötigt diese Expertise und Analyse. Deshalb bedauert die Schweiz die von Russland erzwungene Beendigung der Arbeit.»
... nun steht es Pjöngjang zur Seite
Tatsächlich waren die enorm detaillierten Berichte der UNO-Fachleute keine leichte und keine erfreuliche, aber eine enorm wertvolle Lektüre. Sie waren der Goldstandard für Informationen über Nordkoreas Sanktionsverletzungen.
Für Robert Wood, den US-Botschafter bei der UNO, steht fest, warum Moskau gerade jetzt deren Tätigkeit sabotiere: «Weil Russland neuerdings selber aktiv die Nordkorea-Sanktionen verletzt.»
Pjöngjang wird sich künftig wohl noch leichter um die Sanktionen foutieren können und sich bestärkt fühlen.
«Die jüngsten russischen Öllieferungen sind», so Joseph Byrne von der Denkfabrik Rusi, «bloss ein Aspekt der immer engeren Allianz zwischen Moskau und Pjöngjang.» Mit dem Effekt, dass das Sanktionsregime gegen Nordkorea pulverisiert wird.