«Ich denke, es war extrem wichtig, dass wir rascher und härter als andere Länder gehandelt haben.» So tönte Kanzler Sebastian Kurz, als er vor zehn Tagen auf CNN der grossen Welt den erfolgreichen Corona-Kurs im winzigen «Austria» erklären konnte.
Rascher und härter – immer wieder betont Kurz sein Erfolgsrezept. Den Auftritt beherrsche er, sagt Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle: Eine Stärke von Kurz sei schon immer die sehr klare Kommunikation gewesen. Auch scheue er keine Entscheidungen. Beides komme ihm jetzt zugute.
So hatte Kurz früh einen klaren Fahrplan zum Shutdown. Diesen kommunizierte er laut Stainer-Hämmerle täglich stückchenweise, hielt den Spannungsbogen aufrecht und gab der Bevölkerung das Gefühl, die Regierung wisse, was sie tue.
Eine Stärke von Kurz ist, dass er sehr klar kommuniziert und sich nicht scheut, Entscheidungen zu treffen.
Die Bevölkerung dankte es dem ÖVP-Mann mit Umfragewerten bis zu 48 Prozent. Wenig Tote, freie Intensivbetten: Regierungen, die das mit der ganzen Aufmerksamkeit der Medien verkünden können, haben Rückenwind.
Auch Grüne mit guter Performance
Nun gehören zu der österreichischen Regierung ja auch noch die sehr viel kleineren Grünen. Die ungewöhnliche Koalition musste sofort in den Krisenmodus. Doch die Grünen schaffen es, ebenfalls präsent zu sein, dank Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Mit seiner ruhigen, uneitlen Art tritt auch Anschober oft vor die Öffentlichkeit. So wie am heutigen Dienstag: «Wir können die Ausgangsbeschränkungen auslaufen lassen. Sie müssen aus heutiger Sicht und beim Stand der Daten nicht fortgesetzt werden. Stattdessen gehen wir zu einer deutlich offeneren Regelung über.»
Jetzt laufen also alle Fäden beim Gesundheitsminister zusammen, wo man doch eigentlich dachte, Umweltministerin Leonore Gewessler werde die zentrale grüne Figur. Doch die Zeiten werden sich ändern, wenn es gilt, den Haushalt wieder zu justieren. 38 Milliarden wirft Österreich auf, um die wirtschaftlichen Corona-Folgen zu dämpfen.
Wie weiter mit dem Regierungsprogramm?
Kanzler Kurz warb stets mit Sparen, von irgendwoher wird das Geld kommen müssen. Wird viel Geld in die Fluggesellschaft AUA fliessen, welches dem Verkehrsministerium dann für ein günstiges ÖV-Ticket als grünes Kernanliegen fehlt? Wird man über eine Erbschaftssteuer streiten?
Laut Politologin Stainer-Hämmerle gibt es bereits erste Stimmen, die das Regierungsprogramm als obsolet betrachten und Neuverhandlungen fordern. Die Opposition wird allmählich lauter mit der Kritik an der Intransparenz: Die Regierung informiert tatsächlich wenig über ihre beratenden Experten, und die Opposition will mehr Einblick, nach welchen Kriterien Geld verteilt wird.
Opposition kommt nicht in Schwung
Doch die grösste Oppositionspartei SPÖ schafft es trotz immenser Probleme von Arbeitsmarkt und Wirtschaft nicht, zum ideologischen Gegenentwurf auszuholen.
Chefin Pamela Rendi-Wagner, selbst Medizinerin, und die SPÖ verpassten hier eine Chance, sagt Stainer-Hämmerle: «Eigentlich sollte sie konkret mit alternativen Entwürfen auftreten – auch von einem Finanzierungs- und Gesellschaftsmodell. Aber das macht Pamela Rendi-Wagner nicht. Sie beschränkt sich viel zu sehr auf sehr praktische und sehr kluge, aber doch sehr beschränkte Alternativen im Gesundheitsbereich.»
Einziger Trost für die SPÖ sei, dass die Freiheitlichen noch schlimmer dastünden. Für beide seien das wenig verheissende Aussichten für die wichtige Landtags- und Gemeinderatswahl im Herbst in Wien.