- Die Staatsanwaltschaft Trient hat offenbar einen Haftbefehl gegen René Benko, den Gründer der insolventen Immobiliengruppe Signa, erlassen.
- Weitere Personen wurden festgenommen, darunter der Bozner Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager.
- Bei den Ermittlungen geht es um mutmasslichen Kreditbetrug.
Konkret wird Benko verdächtigt, die Zahlungsfähigkeit seiner bereits insolventen Signa-Gruppe vorgetäuscht zu haben, damit Banken ihre Kredite verlängern. Es liefen nun Untersuchungen gegen Benko, gegen eine weitere Person sowie gegen ein Tochterunternehmen der Signa-Gruppe, teilte die zuständige Staatsanwaltschaft mit.
Benkos österreichischer Anwalt Norbert Wess geht allerdings nicht davon aus, dass ein Europäischer Haftbefehl gegen Benko vollzogen wird. Zu den Gründen dieser Einschätzung äusserte sich der Jurist nicht. «Herr Benko wird weiterhin – wie bisher – mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen», schrieb Wess der Deutschen Presse-Agentur.
Im Bozner Rathaus sei eine Durchsuchung durch die Polizei im Gange, berichten italienische Medien. Insgesamt wurden am Dienstag 100 Durchsuchungen bei weiteren Personen durchgeführt, gegen die ermittelt wird. Ziel waren Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in den Provinzen Trient, Bozen, Brescia, Mailand, Pavia, Rom und Verona sowie im Ausland. Die vom Amtsgericht Trient auf Antrag der Staatsanwaltschaft erlassene Massnahme ist den Angaben zufolge Ergebnis einer komplexen Ermittlungstätigkeit, die von der italienischen Polizei und der Steuerpolizei durchgeführt wurde.
Mehrere Straftaten vorgeworfen
Die den Personen zur Last gelegten Vorwürfe umfassen laut der Staatsanwaltschaft von Trient die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, unrechtmässige Parteienfinanzierung, unzulässige Einflussnahme, Betrug, unrechtmässigen Bezug von Leistungen zum Nachteil des Staates sowie verschiedene Straftaten gegen die öffentliche Verwaltung, darunter Korruption, unzulässige Veranlassung zu Handlungen, Offenlegung von Amtsgeheimnissen und Unterlassung von Amtshandlungen. Dazu kommen Verstösse gegen steuerrechtliche Vorschriften im Zusammenhang mit der Ausstellung von Rechnungen für nicht tatsächlich durchgeführte Geschäfte. Laut Mitteilung der Trienter Staatsanwaltschaft gilt bis zur möglichen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung der Staatsanwaltschaft Trient zu verschiedenen Immobilienprojekten in Norditalien laufen auch Ermittlungen in Südtirol. Die Ermittlungen betreffen Projekte in den Jahren 2018 bis 2022.
Insgesamt 77 Personen sind von den Nachforschungen betroffen, darunter 11 Beamte der öffentlichen Verwaltung, 20 Manager und Beamte lokaler Behörden und Beteiligungsgesellschaften, Angehörige der Polizei, Freiberufler und auch eine Reihe von Südtiroler Unternehmern. Bisher wurden den italienischen Medienberichten zufolge neun Personen unter Hausarrest gestellt.