Die Gespräche von US-Aussenminister John Kerry mit Russland über eine erneute Waffenruhe für Syrien sind laut seinem Sprecher «auf der Intensivstation – aber noch nicht tot». Kerry telefonierte am Freitag den dritten Tag in Folge mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow, doch gab es keine konkreten Ergebnisse.
Russen bomben weiter
Der US-Aussenminister hatte am Vortag mit dem Abbruch der Gespräche gedroht, sollte Russland seine Luftangriffe auf Aleppo nicht einstellen. Moskau schloss jedoch einen Stopp des Bombardements aus. US-Aussenamtssprecher Mark Toner gab zu, die US-Regierung müsse sich irgendwann fragen müssen, ob der Glaube an eine diplomatische Lösung nicht umsonst sei. Man sei allerdings noch nicht ganz an diesem Punkt.
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow seinerseits erklärte, Russland wolle Schritte erwägen, wie die Lage insbesondere in der heftig umkämpften Grossstadt Aleppo «normalisiert» werden könne. Er führte die Äusserung allerdings nicht näher aus. Seit dem Ende der Waffenruhe am 19. September fliegt die russische Luftwaffe mit den syrischen Regierungstruppen massive Luftangriffe auf Aleppo.
Vorwürfe auf beiden Seiten
Lawrow warf den USA indirekt vor, den Konflikt in Syrien anzuheizen, weil sie keine Unterscheidung zwischen gemässigten Aufständischen und terroristischen Gruppen machten. Dem britischen Sender BBC sagte der russische Aussenminister, die US-Regierung halte sich nicht an ihr Versprechen, die gemässigten Rebellen von der extremistischen Al-Nusra-Front zu trennen.
Vor rund eineinhalb Wochen war eine Waffenruhe in Syrien gescheitert. Die Kämpfe flammten wieder auf, nachdem die US-geführte Koalition versehentlich Stellungen der syrischen Armee aus der Luft angriff und einige Tage später ein Hilfskonvoi bombardiert wurde.
Die USA werfen Russland und der syrischen Führung vor, den Angriff auf die unbewaffneten Helfer angeordnet zu haben. Russland weist diese Vorwürfe zurück. Nach der Feuerpause leiteten die syrischen Einheiten eine Grossoffensive auf Aleppo ein, die von Russland unterstützt wird.
In der Stadt sind bis zu 300'000 Menschen eingeschlossen, die meisten von ihnen Zivilisten.