- Die festgenommene Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa ist laut ihrer Familie in einem Untersuchungsgefängnis in Minsk. Das teilt ihr Vater mit.
- Seit Montag galt Kolesnikowa als verschwunden. Laut Grenzschutz von Belarus (Weissrussland) sei sie am Dienstag bei der Ausreise festgenommen worden.
- Die Opposition widerspricht: Kolesnikowa habe ihren Pass zerrissen, um eine erzwungene Ausreise zu verhindern.
- Die geplanten EU-Sanktionen gegen Unterstützer des belarussischen Präsidenten Lukaschenko können nicht beschlossen werden, weil das EU-Land Zypern Vorbehalte äussert.
Kolesnikowas Vater erklärte am Mittwoch, das Ermittlungskomitee habe ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass sich seine Tochter in einem Untersuchungsgefängnis in Minsk befinde. Eine Bestätigung der Behörden lag zunächst nicht vor.
Zwei Mitarbeiter von Kolesnikowa hatten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zuvor vor der Presse erklärt: Kolesnikowa habe an einem Grenzposten im Süden von Belarus ihren Pass zerrissen, um so eine erzwungene Ausreise zu verhindern. Daraufhin sei sie zum belarussischen Grenzübergang zurückgekehrt, an dem sie festgenommen worden sei.
Ihre Kollegen seien indes über die ukrainische Grenze gefahren, weil sie befürchteten, ebenfalls festgenommen zu werden. «Maria ist eine wahre Heldin», sagte der Mitarbeiter. Die 38-jährige wolle Belarus unter keinen Umständen verlassen.
Staatspräsident Lukaschenko sagte in einem Interview mit Journalisten russischer Staatsmedien, dass Kolesnikowa angeblich zu ihrer Schwester in die Ukraine flüchten wollte. Die Grenzbeamten hätten sie daran gehindert.
Proteste aus Solidarität
Den Behörden zufolge kam es zu der Festnahme, um «Umstände zu klären». Details wurden nicht genannt.
Am Dienstagabend versammelten sich in Minsk aus Solidarität mit Kolesnikowa zahlreiche Menschen. Auf Bildern war zu sehen, wie maskierte Einsatzkräfte mindestens ein Dutzend Demonstranten brutal festnahmen und die Menschen auseinandertrieben.
Opposition will einen Machtwechsel
Hintergrund der Proteste ist die Präsidentenwahl vor mehr als vier Wochen. Lukaschenko hatte sich danach mit 80.1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition hält dagegen Swetlana Tichanowskaja für die wahre Siegerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der Kritik.
In dem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen lehnte der Präsident weitere Gespräche mit Oppositionellen ab. «Das ist keine Opposition. Alles, was sie anbietet, ist eine Katastrophe für Belarus», meinte er.
Die Opposition will mit dem sogenannten Koordinierungsrat einen friedlichen Machtwechsel durch Dialog erreichen. Dessen Vertreter hatten der autoritären Führung mehrfach Gespräche angeboten.
EU-Sanktionen fraglich
Die geplanten EU-Sanktionen gegen Unterstützer des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko können bis auf Weiteres nicht beschlossen werden.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur will das EU-Land Zypern die Vorbehalte erst dann aufheben, wenn die EU auch neue Sanktionen gegen die Türkei verhängt – wegen der umstrittenen türkischen Erdgas-Erkundungen im Mittelmeer.