Erst vor wenigen Tagen hat China drei ausgeliehene Pandas aus Washington zurückgeholt. Damit gibt es in der Hauptstadt der USA zum ersten Mal seit über 50 Jahren keine Pandabären mehr. Nun will China einige Tiere wieder in die USA schicken. Wieso dieser Entscheid von politischer und wirtschaftlicher Wichtigkeit ist, erklärt Journalist Fabian Kretschmer.
SRF News: Warum hat China die Pandas überhaupt zurückgeholt?
Fabian Kretschmer: Das war eine Formsache. Leihverträge enden irgendwann. In dem Fall wurden sie nicht verlängert und die Pandas kamen zurück. Im Grunde war es auch eine Reflexion der bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA. Die beiden Länder sind auf einen Konflikt zugesteuert. Durch dieses bilaterale Gipfeltreffen will man eine Kehrtwende oder einen Neuanfang erreichen. Vor wenigen Tagen sah es noch danach aus, als ob es weiter eskalieren könnte. Dazu gehörte auch das Zurückholen der Pandas. Es ist also nicht unbedingt unabhängig von den politischen Beziehungen zu betrachten.
Man spricht von Panda-Diplomatie. Sind die Pandas ein Gradmesser, wie es gerade um die Freundschaft zwischen den beiden Ländern steht?
Ja, auf jeden Fall. Dazu gibt es auch Doktorarbeiten und Buchpublikationen. Tatsächlich ist es so: Die Länder, die gute Beziehungen zu China haben, haben meistens auch viele Pandabären. Die Pandas sind ein Gradmesser dafür, wie gut die Beziehungen zwischen anderen Ländern und China sind und ob sich die wirtschaftlichen Beziehungen verbessern.
Dass China Pandabären in die Welt entsendet, hat eine lange Tradition. Wie hat sie sich entwickelt?
Das ist eine jahrhundertealte Tradition. Die chinesischen Kaiser haben schon vor etlichen Dynastien Pandas ausgeliehen. Ein Revival hat das in den 1950er-Jahren unter dem Staatsgründer Mao Zedong erlebt. Er hat Pandas systematisch und mit taktischem Kalkül als Staatsgeschenk an andere Nationen gegeben. Diese Pandas haben die chinesische Gastfreundschaft ausgedrückt.
Die Panda-Diplomatie ist ein bisschen seltener geworden. Mehr Pandas sind wieder zurück in China, es gibt weniger Leihgaben. Warum nimmt das ab?
Ich würde argumentieren, dass die Aussenpolitik und die Diplomatie der Chinesen sich generell gewandelt haben, gerade unter Xi Jinping. Vorher war man immer sehr bescheiden. Man wollte die eigenen Stärken nicht so offen zeigen und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden. Da haben diese Pandas super gepasst: Sie sind knuddelig und niedlich und werden als friedlich wahrgenommen. Genau das wollte man vermitteln.
Die Ausleihe der Pandas ist ein kluger Schachzug.
Unter Xi Jinping geht es eher darum, selbstbewusster aufzutreten und die eigenen Interessen aggressiver zu verfolgen. Da spielt es anscheinend nicht mehr so eine grosse Rolle, wie wohlwollend man wahrgenommen wird.
Trotzdem verspricht Xi neue Pandas. Wie ist das einzuschätzen?
In diesem Fall haben sie einen ganz besonderen Stellenwert. Die wichtigste bilaterale Beziehung für die ganze Menschheit ist die der zwei grossen Weltmächte. Die USA hatten die letzten 51 Jahre immer Pandabären. Das wäre ein grosser Gesichtsverlust, wenn China die nicht mehr geben würde. Zudem hat Xi Jinping viele wirtschaftliche Probleme. Die haben klar mit den schlechten Beziehungen zum Westen und zu den USA zu tun. Ich glaube, Xi Jinping versucht aufrichtig, einen Neustart hinzulegen. Die Ausleihe der Pandas ist ein kluger Schachzug. Denn sie haben einen hohen symbolischen Stellenwert.
Das Gespräch führte Romana Kayser.