- Zwei Wochen nach seiner Ernennung hat Frankreichs neuer Premierminister Michel Barnier die schwierige Regierungsbildung abgeschlossen.
- Noch am Donnerstagabend will er die Zusammensetzung des künftigen Kabinetts Präsident Emmanuel Macron vorlegen, teilte die Regierung in Paris mit.
- Bei den Wahlen vor zwei Monaten hatte keine Partei die absolute Mehrheit erreicht, auch eine regierungsfähige Koalition kam nicht zustande.
Vorangegangen waren Beratungen Barniers mit führenden Vertretern der Parteien aus dem Mitte-Lager und der Konservativen, auf deren Unterstützung Barnier für die künftige Regierung setzt. Bei dem Treffen, an dem auch Barniers Amtsvorgänger Gabriel Attal teilnahm, seien die Architektur und die Ausgewogenheit der künftigen Regierung vorgestellt worden, so die Regierung.
Barnier habe bei den Beratungen auch die Grundlinien seiner künftigen Politik dargelegt. Dabei gehe es um eine Verbesserung des Lebensstandards der Franzosen und des Funktionierens der öffentlichen Dienste, insbesondere der Schulen und des Gesundheitswesens. Ein weiterer Schwerpunkt sei mehr innere Sicherheit, eine Kontrolle der Einwanderung und die Förderung der Integration. Ausserdem sollten Unternehmen und Landwirte sowie die wirtschaftliche Attraktivität Frankreichs gefördert werden. Zudem müssten die öffentlichen Finanzen saniert und die Umweltpolitik gestärkt werden.
Erwartet wird, dass die neue Regierung am Freitag öffentlich vorgestellt wird. Offen ist, inwieweit Barnier Ministerposten auch mit Politikern aus dem linken Lager besetzen wird. Die linken Parteien hatten sich zu einer Beteiligung an einer Regierung zunächst nicht bereit erklärt. Wie unter anderem die Zeitung «Libération» und der Sender BFMTV berichteten, sollen von den 16 Ministerinnen und Ministern der künftigen Regierung sieben aus Macrons Mitte-Lager stammen, drei von den konservativen Republikanern, einer von einer linken und einer von einer rechten Partei und die übrigen von Parteien der Mitte.
Barnier startet mit viel Missmut von links
Möglicherweise wird Barnier je nach Regierungsvorhaben auf die Unterstützung unterschiedlicher Partner setzen müssen und auch auf die Duldung durch das rechtsnationale Rassemblement National von Marine le Pen angewiesen sein. Ob Barnier und die neue Regierung lange im Amt bleiben, ist unsicher. Sowohl von links als auch von rechts könnte schon kurzfristig ein Misstrauensvotum drohen. Eine Regierungserklärung von Barnier ist nach Medienberichten am 1. Oktober geplant.
Die politische Lage in Frankreich war angespannt, seitdem bei der vorgezogenen Parlamentswahl vor gut zwei Monaten keines der politischen Lager eine absolute Mehrheit erhielt. Weder dem siegreichen Linksbündnis noch den anderen Parteien gelang es, eine regierungsfähige Koalition auf die Beine zu stellen. Dass Macron mit dem konservativen ehemaligen EU-Kommissar Barnier (73) einen Premierminister eines Lagers ernannte, das bei der Wahl nur schwach abschnitt, sorgte über das Linksbündnis hinaus für Missmut in Frankreich.