«Guten Tag, Herr Plenkovic, oder dürfen wir Sie auch Plenki nennen?». «Klar», antwortet Kroatiens Regierungschef im Wahlspot seiner Partei und schlendert leger durch Zagrebs Altstadt – ausnahmsweise mal nicht in Anzug und Krawatte.
Lockerheit ist Andrej Plenkovic nicht in die Wiege gelegt worden. Er ist ein fleissiger Schaffer ohne Charisma. Er spricht vier Fremdsprachen und ist bei der EU in Brüssel bestens vernetzt. Seine Eloquenz aber kommt unterschiedlich an – die Gegner finden ihn arrogant, die Anhänger seriös.
«Unsere Bürger haben in der Coronakrise gesehen, wie gut unsere Regierung funktioniert», sagt Plenkovic und zählt auf: «Weil wir entschieden gehandelt haben, sind in Kroatien nicht viel mehr als 100 Personen gestorben und wir haben 550'000 Angestellten in der Privatwirtschaft die Löhne gesichert.»
Plenkovic holt nicht zum ersten Mal für seine national-konservative Partei HDZ die Kohlen aus dem Feuer. Als er vor vier Jahren als neuer Spitzenkandidat portiert wurde, sah es nicht danach aus, als ob er die Wahlen gewinnen könnte – mit seinem Wahlsieg hat er sogar seine eigenen Leute überrascht.
Er war noch nicht lange im Amt, da krachte der grösste Konzern und Arbeitgeber Kroatiens zusammen. «Ich glaube, Plenkovic hat das Problem des gescheiterten Agrokor-Konzerns erfolgreich gelöst. Das Unternehmen lebt unter neuem Namen weiter und viele Arbeitsplätze wurden gerettet», sagt der Politologe Tihomir Cipek von der Universität Zagreb.
Kursänderung statt Konfrontation
Diese Krise hatte aber auch gezeigt, wie verfilzt Wirtschaft und Politik in Kroatien sind, und dass Reformen dringend nötig wären. Diese hat Plenkovic aber nicht angepackt. Die Widerstände in seiner eigenen Partei sind zu gross. Zu schaffen machte ihm zudem, dass auch in seinem Regierungsteam Korruptionsfälle aufflogen.
«Er musste eine ganze Reihe von Ministern auswechseln, weil sie persönlich in korrupte Geschäfte verwickelt waren», sagt Cipek. Für Reformen ging Plenkovic nicht auf Konfrontationskurs mit mächtigen Kreisen in seiner Partei, dafür aber für einen neuen politischen Kurs der HDZ. Er brachte die Partei ab von den ultrakonservativen und nationalistischen Positionen seines Vorgängers.
Plenkovics Kursänderung hatte zur Folge, dass einige prominente Mitglieder und Koalitionäre auf Distanz gingen und sich jetzt in einem neuen Wahlbündnis rechts der HDZ sammeln, rund um den Volksmusiker Miroslav Škoro, der schon letztes Jahr bei den Präsidentenwahlen antrat.
Diese Leute wollen die HDZ von aussen zu einem Kurswechsel zwingen und hätten gerne, dass sich diese von Plenkovic trennt. Höchstwahrscheinlich wird diese neue Rechte nach den Wahlen vom Wochenende mit so vielen Abgeordneten ins Parlament einziehen, dass Plenkovic sich mit ihr irgendwie arrangieren muss, wenn er weiter regieren will.
Stabilität statt Umgestaltung
Wie sehr die Wählerinnen und Wähler Plenkovics Einsatz in der Coronakrise belohnen werden, ist noch offen. Er setzt auf den Effekt, dass sich Kroaten und Kroatinnen in der Krise keine Änderungen, sondern Stabilität wünschen – wie die Bevölkerung anderer Länder.
«Ein sicheres Kroatien – eine sichere Zukunft Kroatiens» ist der Wahlslogan Plenkovics. Er hat gerade erfolgreich sechs Monate den EU-Vorsitz innegehabt und verspricht jetzt, mit doppelt so viel EU-Geldern wie bisher, die grosse Wirtschaftskrise zu meistern, vor der das Land steht.