- Die Tory-Politikerinnen Heidi Allen, Anna Soubry und Sarah Wollaston haben sich der neu gegründeten «Unabhängigen Gruppe» angeschlossen.
- Die neue Gruppe will fünf Wochen vor dem geplanten EU-Ausstieg den Brexit-Streit im Unterhaus beenden.
- Die neue Gruppe ist von sieben Labour-Abgeordneten am vergangenen Montag gegründet worden.
Das englische Parlament ist über den Brexit-Kurs heillos zerstritten. Der Konflikt gipfelt derzeit in der reihenweisen Abkehr gestandener Parteipolitiker aus ihren Parteien.
Sieben Labour-Abgeordnete haben am Montag den Auftakt gemacht. Sie verliessen die Partei aus Protest gegen den Brexit-Kurs ihres Parteichefs Jeremy Corbyn. Der 69-Jährige, der lange keine klare Position zum EU-Austritt bezogen hat, setzt auf Neuwahlen.
Und nun folgen die ersten Politikerinnen aus dem konservativen Lager. Die EU-freundlichen Politikerinnen Heidi Allen, Anna Soubry und Sarah Wollaston sind aus der Tory-Partei ausgetreten und haben sich der neuen Gruppe angeschlossen. Die neue Gruppe will fünf Wochen vor dem geplanten EU-Ausstieg den Brexit-Streit im Unterhaus beenden.
Westminster ist zerbrochen. Die Tories und die Labour-Partei implodieren.
Premierministerin Theresa May sagte, sie sei betrübt über die Entwicklung. Sie betonte aber mit Blick auf den EU-Ausstieg: «Wir machen das Richtige für unser Land.»
Die drei abtrünnigen Politikerinnen hielten dagegen: «Das Land hat etwas Besseres verdient.» Sowohl bei den Konservativen als auch in der Labour-Partei seien grosse Fehler gemacht worden. Die Politik brauche eine schnelle, radikale Reform. «Und wir sind dazu entschlossen, unseren Beitrag zu leisten.»
Der Kommentar des Fraktionschefs der Schottischen Nationalpartei SNP, Ian Blackford, bringt die Brisanz des Vorgangs auf den Punkt. «Westminster ist zerbrochen. Wir sind in einer konstitutionellen Krise, am Rande einer Brexit-Katastrophe – und doch ist dieser Ort im Krieg mit sich selbst. Die Tories und die Labour-Partei implodieren», sagte der Politiker im britischen Parlament.
Unklar ist, ob die «Unabhängige Gruppe» sich zu einer Partei formieren wird. Das britische Wahlsystem, das nur das Direktmandat kennt, bevorzugt die beiden grossen Parteien. Kleinere haben es extrem schwer, Sitze im Unterhaus zu erringen. Doch beide grossen Parteien tun sich zunehmend schwer damit, eine klare Regierungsmehrheit zu gewinnen.
Mehrere Brandherde bei den Linken
Für die Labour-Abtrünnigen geht es indes nicht nur um das drohende Chaos eines ungeregelten EU-Austritts.
Die Mitglieder kritisieren auch den Umgang des Altlinken Corbyn mit antisemitischen Tendenzen in seiner Partei. Die ebenfalls ausgetretene Labour-Abgeordnete Joan Ryan sagte zur BBC, sie sei «erschrocken, entsetzt und wütend» darüber, dass Corbyn Beleidigungen von Juden ungestraft durchgehen lasse. Er sei nicht geeignet, künftig das Land zu führen.
Im vergangenen Sommer räumte Corbyn ein, dass Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder zu langsam und zaghaft betrieben worden seien. Kritiker werfen ihm ausserdem eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor. Viele Anhänger hat Corbyn vor allem unter jungen Wählern.