- In Barcelona haben vor einem Monat 5000 Menschen ohne Abstand, aber mit negativem Corona-Schnelltest und FFP2-Masken gemeinsam ein Konzert verfolgt.
- Bei der Studie sollte herausgefunden werden, wie in Zukunft wieder gefeiert werden kann.
- Es sei jedoch schwierig, die positiven Ergebnisse der Studie auf die Realität zu übertragen, sagt die SRF-Wissenschaftsredaktorin.
Es ist eine mögliche Revolution für die Event-Branche in Zeiten der Pandemie.
Bei einem Konzert der Rockband «Love of Lesbian» vor einem Monat in Barcelona haben Forscher das Corona-Ansteckungsrisiko bei Grossveranstaltungen in Hallen analysiert. Bei keinem der rund 5000 Besucherinnen und Besucher liegt einen Monat später ein klares Anzeichen einer Neuansteckung vor.
Besonders leistungsfähige Lüftung
Zwar wurden sechs Personen positiv auf das Virus getestet. Aber dies hat laut Studienleiter nichts mit dem Konzert zu tun.«Alle kamen in Begleitung. Keiner der sechs gemeldeten Fälle wurde von der Begleitperson infiziert. Das deutet darauf hin, dass die Personen sich nicht am Konzert angesteckt haben», sagt Josep Maria Libre.
Im Nachgang ergänzten die Behörden, dass in vier der sechs gemeldeten Fälle klar nachgewiesen worden sei, dass die Ansteckung nicht während der Veranstaltung erfolgt sei, hiess es. Bei zwei Betroffenen habe man Ort und Zeitpunkt der Infektion nicht zweifelsfrei ermitteln können.
Das Konzert fand unter strengsten Corona-Massnahmen statt. Getestet wurde vor dem Konzert. Das Resultat gab es aufs Handy und als Zusatzmassnahme wurde eine besonders leistungsfähige Lüftungsanlage installiert. Der Abend war nach über einem Jahr Konzert-Abstinenz für die Fans Balsam auf die Musik-Seele. «Es war fantastisch, es hat mich tief berührt», sagte eine Frau. «Unglaublich. Als ob es Covid nicht gäbe», staunte ein Mann.
Schweiz ist interessiert
Auch in anderen Ländern wird das Feiern unter der Ägide der Wissenschaft getestet. Zum Beispiel bei einem Projekt vergangenem Monat in den Niederlanden. 1300 Personen tanzten unter Labor-Bedingungen. Ein grossangelegtes wissenschaftliches Experiment mehrerer Universitäten. Diese Daten werden noch immer ausgewertet.
Auch in der Schweiz verfolgt man diese Pilotversuche gespannt. Das positive Resultat aus Spanien findet Gehör in Bundesbern. «Solche Pilot-Veranstaltungen verfolgen wir mit grossem Interesse. Der Bund überlegt sich auch, künftig solche Grossveranstaltungen als Pilotanlässe durchzuführen», sagte Virginie Masserey vom BAG bei der gestrigen Pressekonferenz. Plötzlich rückt also der Konzertsommer in den Bereich des Möglichen.
Es gibt ja noch den Faktor Mensch.
SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel gibt zu bedenken, dass Ergebnisse aus einer solchen Studie sich nicht immer mit realen Bedingungen deckten. «Es gibt ja noch den Faktor Mensch», sagt sie. In Barcelona hätten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewusst, worum es ging. «Viele waren vermutlich sehr motiviert, sich möglichst gut zu verhalten. Viele, die das Konzert besuchten, wollten ja, dass es bald wieder Konzerte gibt», sagt Zöfel.
Ein Restrisiko bleibt
Die grosse Frage sei aber: Wie überträgt man etwas, das in der Studie klappt – für die notabene viel Aufwand betrieben wurde – auf den Alltag, wo im Publikum vielleicht nicht mehr alle dasselbe Ziel verfolgen?
Aus wissenschaftlicher Sicht sei jetzt klar, mit welchen Mitteln man das Risiko an solchen Grossveranstaltungen senken könne. Doch: «Ein Nullrisiko gibt es nicht», sagt Zöfel. Weitere Öffnungen könnten immer zu Neuansteckungen führen.