Darum geht es: Die französische Regierung will den unter 18-Jährigen den Zugang zu Pornoseiten erschweren. Ab September sollen Pornoanbieter das Alter von französischen Besucherinnen und Besuchern auf ihren Webseiten überprüfen müssen. Das soll mit einem offiziellen Zertifikat geschehen, das auch Personendaten enthält. Frankreich wäre das wohl erste Land der Welt, das einen solch rigorosen Schutz von Minderjährigen einführen würde.
Bisher haben alle Versuche, Kinder vor schockierenden Videos zu bewahren, nichts gebracht.
Deshalb die Pläne der Regierung: «Bisher haben alle Versuche, Kinder vor schockierenden Videos zu bewahren, nichts gebracht», sagt der Journalist Rudolf Balmer, SRF-Mitarbeiter in Paris. Deshalb plane die Regierung nun dieses rigorose Vorgehen. Vor einem Jahr sei eine Klage französischer Elternorganisationen gegen die fünf weltweit grössten Pornoplattformen eingereicht worden, doch sie sei vom Gericht abgewiesen worden. Ausserdem sei nicht nur im Bereich Pornografie der Schutz von Minderjährigen vor gewissen Internet-Seiten in Frankreich ein grosses Thema, so Balmer. «Es geht auch um Cybermobbing oder homophoben Hass, der auch schon tödlich ausgegangen ist.»
Darum gerade jetzt: Balmer vermutet, dass die derzeit heftigen, landesweiten Proteste gegen die von Präsident Macron geplante Rentenreform etwas mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Internetsperren-Pläne der Regierung zu tun haben könnten. «Es käme Macron natürlich gelegen, wenn er damit von der Rentenfrage etwas ablenken könnte», sagt der Journalist. Immerhin werde der Jugendschutz im Internet von einem sehr grossen Teil der französischen Bevölkerung unterstützt. Auf der anderen Seite verstehe sich Macron als Präsident einer «Start-up-Nation»: Er stehe in Sachen Internet eher für möglichst wenig Einschränkungen und möchte auf keinen Fall der Zensur bezichtigt werden.
Darüber debattiert Frankreich: Bei der ganzen Diskussion um die Sperrung von Pornoseiten für unter 18-Jährige geht es vor allem auch um Fragen des Datenschutzes. Denn ein Zertifikat muss absolut verlässlich sein, darf den Pornoanbietern aber keinen Zugriff auf weitere persönliche Daten ermöglichen. «Wie das genau in Frankreich nun gelöst werden soll, ist noch nicht bekannt», so Balmer. Klar aber sei, dass sich die Pornoanbieter an keine freiwilligen Auflagen halten, wie deren Verhalten in den vergangenen Jahre gezeigt habe.
Wie genau in Frankreich die Identifikation gelöst werden soll, ist in noch nicht bekannt.
Darum das rigorose Vorgehen: «Wenn in Frankreich ein neues Problem auftaucht, erwarten die Leute vom Staat, dass er dieses mit einem neuen Gesetz löst», stellt Balmer fest. Doch oftmals hätten die Gesetze dann kaum eine Wirkung, die Bekämpfung der Missstände bleibe symbolisch. Ob es mit dem jetzt angekündigten Internetsperren-Gesetz anders kommt, ist völlig offen: Noch ist unklar, wie der Identitätsnachweis genau ausgestaltet werden soll. Erst, wenn das bekannt sei, werde klar, wie praktikabel die von der Regierung geplante Lösung sei, so der Journalist.