«Wir schützen die Demokratie», skandieren die Menschen in Warschau. Zur Demonstration aufgerufen hat das gleichnamige «Komitee zum Schutz der Demokratie». Es wurde eben erst gegründet und hat schon zehntausende Anhänger. «Wir sind in Przemysl, in Rzeszow, in Krosno», sagt ein Redner – alles Städte in den Vorkarpaten, die zu den Stammlanden der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gehören.
In vielen Städten Polens gingen am Samstag Tausende auf die Strasse. Sie befürchten, dass die Partei von Jaroslaw Kaczynski im Machtrausch die demokratischen und rechtsstaatlichen Fundamente der polnischen Republik beschädigt.
Umbau in Medien und Verwaltung
Die Partei baut die Medienlandschaft um. Das staatliche Radio und Fernsehen wird unter die Kontrolle der Regierung gebracht, und es gibt Pläne, die privaten Medien auf Linie zu bringen. Auch in der Verwaltung herrscht ein reges Kommen und Gehen.
Unzählige Chefs und höhere Beamte werden durch neue, der eigenen Partei gegenüber loyale Leute ersetzt. Um die Führung auszuwechseln, wurde diese Woche gar ein Spionageabwehrzentrum mit Polizeigewalt gestürmt – es handelt sich um eine polnisch-slowakische Behörde, die mit der Nato zusammenarbeitet. Die PiS etabliert ihre Macht überall im Staatsapparat. Für Polen ist das nicht aussergewöhnlich. Auch die zuvor acht Jahre lang regierende Bürgerplattform hat die Spitzen in Medien und Verwaltung mit ihren Leuten besetzt.
Das Tempo ist erstaunlich
Erstaunlich ist aber das Tempo der PiS. Ihr kommt dabei zugute, dass sie mehr Macht hat als jede andere Partei in den vergangenen Jahrzehnten in Polen. Sie verfügt über eine Mehrheit im Parlament, der Staatspräsident kommt aus ihren Reihen. Nur das Verfassungsgericht dominiert sie noch nicht. Doch auch das soll sich schnell ändern.
Im Streit um die Wahl von fünf neuen höchsten Richtern haben zwar die alten und die neuen Machthaber die Verfassung verletzt, urteilte das höchste Gericht selber kürzlich. Doch die PiS boykottiert dieses Urteil, beharrt auf ihren fünf Richtern und plant neue Gesetze, die die Arbeit des Verfassungsgerichtes erschweren könnten.
Kurz: Regierung und Parlament greifen das höchste Gericht an – und damit die Institution, die eigentlich ihre Arbeit kontrollieren soll. In den Reihen der PiS heisst es dazu: Es ist nur recht, wenn wir jetzt wenigstens fünf von fünfzehn Richtern stellen dürfen. Die neuen Machthaber in Polen stellen die Logik des politischen Kampfes also über die des Rechtsstaates – eine gefährliche Entwicklung.