Worum geht es? In Kosovo hat das von Nationalisten dominierte Parlament einen ersten Schritt zur Gründung einer eigenen Armee gemacht. Die für Katastrophenfälle bestimmte Zivilschutztruppe «Kosovo Security Force» soll in eine reguläre Militäreinheit umgebildet werden. Abgeordnete der serbischen Minderheit verliessen aus Protest die Parlamentsdebatte. Serbien kritisierte zudem die Pläne des Kosovo scharf. Verteidigungsminister Aleksandar Vulin erklärte in Belgrad, die Gründung einer Armee des Kosovo sei eine «Bedrohung für den Frieden» und bedrohe «Serbien und die Serben».
Ist der Beschluss gültig? Das Parlament in Pristina hat die Gründung einer Armee gegen den Willen der kosovo-serbischen Parlamentarier beschlossen. Diese haben nun die Möglichkeit, die Prozedur vor einem Gericht in Frage zu stellen. «Und das werden sie sicher tun», sagt Dusan Reljic, Südosteuropa-Experte der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Somit sei nicht sicher, ob die Gesetzesvorlage tatsächlich implementiert werde.
Ist das Vorhaben realistisch? Für so einen wichtigen Schritt wie die Gründung einer eigenen Armee brauche man Unterstützung, sagt Reljic. Denn Kosovo ist nach wie vor ein internationales Protektorat, kein international anerkannter Staat mit einer Vollmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen. Das heisst: «Alles, was die Regierung in Pristina unternimmt – und das gilt auch zu einem Grossteil für die Regierung in Belgrad – wird mit externen Mächten, vor allem mit der EU, mit Deutschland aber an erster Stelle mit den USA, abgestimmt.»
Droht ein neuer Kosovo-Krieg? Reljic kann sich nicht vorstellen, dass sich – egal in welcher Form – die Kosovo-Albaner und ihre Führung für eine aggressive militärische Auseinandersetzung mit dem Nachbarn Serbien entschliessen würden. «Das sind alles eher Schattenspiele, die darauf abzielen, eine bessere politische Position zu erreichen.»
Das sind Schattenspiele, die darauf abzielen, eine bessere politische Position zu erreichen.
Vor allem vor dem eigenen Publikum, so Reljic. Denn die Menschen in Kosovo und in Serbien sähen keine wirtschaftlichen und sozialen Perspektiven. «In diesem Sinne ist die Anheizung der Atmosphäre etwas, was überall in der Region, und besonders in Pristina und Belgrad, immer wieder verwendet wird, um sich zu legitimieren und auch aus dem Ausland Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.»