Die Stirn in Falten gelegt, ein starrer Blick in die Kamera, den Kopf so geneigt, als würde Donald Trump aus Ärger gleich aufstehen und davonlaufen: So sieht der «Mugshot» des ehemaligen Präsidenten der USA aus.
Es handelt sich dabei um ein Polizeifoto eines Angeklagten. Dass sich ein Ex-US-Präsident so ablichten lassen muss, ist ein Novum.
Der englische Begriff «mug shot» setzt sich aus den Worten für Gesicht – umgangssprachlich Fresse oder Visage – und Schnappschuss oder Aufnahme zusammen. Es ist also eine Gesichtsaufnahme.
Tätersuche anhand Fotos
Nach der Erfindung erster fotografischer Verfahren 1839 wurden Fotografien auch für die Überwachung und Identifikation eingesetzt. So setzte die Polizei in Paris sie ein, um Serientäter ausfindig zu machen. In den 1850er-Jahren wurden in den USA der Öffentlichkeit in sogenannten Schurkengalerien Bilder von Verhafteten gezeigt.
Der Mugshot, wie man ihn heute kennt, wurde in den 1880er-Jahren von Alphonse Bertillon geprägt – Anthropologe und Leiter des Erkennungsdienstes der Pariser Polizei. Er entwickelte ein System, um die Körpermasse zu erfassen und so Personen zuverlässig identifizieren zu können. Neben den Messungen machte er auch jeweils zwei Fotografien im Format, das den Inbegriff für die «Verbrecherfotos» darstellt: Den Kopf eng eingerahmt, einmal als Porträt und einmal im Profil.
Fingerabdrücke verdrängten später Bertillons System, doch die Mugshots werden bis heute verwendet. «Einerseits sind sie ein Instrument für die Polizei, um die Öffentlichkeit auf ein Verbrechen aufmerksam zu machen und sie um Hilfe bei der Fahndung nach den Verdächtigen zu bitten», sagt April Stockfleet, Expertin für US-Recht an der Universität Bern. «Andererseits veröffentlichen die Behörden mancherorts Mugshots, um die Kriminalität einzudämmen, in der Hoffnung, dass die Angst, erwischt oder blossgestellt zu werden, abschreckend wirkt.»
Die Polizeifotos bringen aber Probleme mit sich. Die Behörden machen und veröffentlichen sie bei einer Anklage. «Nur weil man einen Mugshot hat, heisst das nicht, dass man verurteilt ist», sagt Stockfleet.
Die Blossstellung trifft also auch Unschuldige. Sie hätten dann Mühe, eine Wohnung oder einen Job zu finden, berichtet Stockfleet. «Jemand googelt sie und sieht den Mugshot und nimmt an, dass die Person Ärger bedeutet, ohne sich zu den Details zu erkundigen.»
Das Geschäft mit Mugshots
So hat sich mit der Digitalisierung eine Industrie rund um die Polizeifotos entwickelt. Während früher die meisten Aufnahmen in Akten verstaubten und nur bei besonders spektakulären Fällen in den Medien landeten, füllen die Bilder heute kommerzielle Webseiten.
Die Fahndungsfotos werden dazu automatisiert von Behördenseiten abgegriffen und veröffentlicht. Die Anbieter solcher Webseiten lassen sich dann dafür bezahlen, die Fotos zu entfernen. Darum wurde in den vergangenen Jahren in gewissen Bundesstaaten das Geschäftsmodell explizit verboten. Oder die Behörden veröffentlichen grundsätzlich keine Mugshots mehr.
Im Fall von Donald Trump dient der Mugshot jetzt sogar als Werbemittel. Wie das US-Portal Politico berichtet, hat Trumps Wahlkampfteam eine Spendensammlung gestartet: Wer einen gewissen Betrag spendet, erhält ein T-Shirt mit dem aufgedruckten Polizeifoto gratis.
So oder so dürfte die Aufnahme ins kollektive Gedächtnis eingehen und Geschichte schreiben.