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Polizeigewalt in Hongkong
Aus Echo der Zeit vom 13.08.2019. Bild: Keystone
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Polizeigewalt in Hongkong «Zuoberst steht die Führung in Peking»

Den zweiten Tag in Folge behinderten Regierungskritiker den Betrieb am Flughafen in Hongkong. Die Wut der Demonstrierenden richtet sich zunehmend auch gegen die Polizei und deren Vorgehen. Der Fall einer Frau, der von einem Polizisten ins Auge geschossen wurde, löst Entsetzen aus.

Viele sind überzeugt, die Polizei handle auf Anweisung aus Peking. China-Korrespondent Martin Aldrovandi tendiert auch zu dieser Meinung, hält aber einen Einmarsch der Chinesen in Hongkong für unwahrscheinlich.

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

SRF News: Wie verhältnismässig ist die Polizeigewalt in Hongkong?

Marin Aldrovandi: Unverhältnismässig war zum Beispiel jenes Vorgehen am Wochenende in einer U-Bahn-Station, als die Polizei unter anderem Tränengas einsetzte und damit auch Menschen beeinträchtigte, die mit der Demonstration nichts zu tun hatten.

Demonstranten mit Augenbinde.
Legende: Demonstranten solidarisieren sich mit der jungen Frau, welche durch die Polizei am Auge verletzt worden war. Keystone

Auch der tragische Fall einer jungen Frau, deren Auge getroffen wurde, war nicht verhältnismässig. Deshalb verlangen die Menschen auf der Strasse eine unabhängige Untersuchung. Das ist eine der wichtigen fünf Forderungen – eingewilligt hat die Regierung aber bis heute nicht.

Gleichzeitig muss man auch sagen, dass ein Teil der Demonstranten ebenfalls Gewalt einsetzt. Steine werden geworfen oder Polizisten mit Lasern geblendet. Der Frust bei den Polizeibeamten ist gross. Sie werden für alles Mögliche verantwortlich gemacht und öffentlich beschimpft.

Darum demonstrieren die Menschen

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Die seit zehn Wochen andauernden Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie waren ursprünglich durch ein – später auf Eis gelegtes – Auslieferungsgesetz ausgelöst worden, das die Überstellung von Verdächtigen an Festland-China erlaubt hätte. Die Demonstrationen weiteten sich danach zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong und für mehr Demokratie aus.

Es gibt offenbar bestätigte Berichte, wonach sich zivile Polizisten unter die Demonstrierenden mischen und diese verhaften. Ist das legal?

Es gibt Aufnahmen, die das zeigen und die Polizei hat es zugegeben. Offenbar war es eine verdeckte Operation, um gegen besonders gewalttätige Demonstranten vorzugehen. Es sei legal, solange die Undercover-Polizisten nicht selbst randalieren oder Sachen kaputt machen, heisst es bei der Polizei. In Hongkong war der Aufschrei aber trotzdem gross, weil nicht klar ist, wie viele Polizisten beteiligt waren. Auch weil sie gegenüber Journalisten ihre Identität nicht preisgaben und Blut geflossen ist.

Polizisten mit Demonstranten.
Legende: Wie gewälttätig ist die Hongkonger Polizei und woher kommen ihre Befehle? Keystone

Auf einer Aufnahme sieht man einen Mann, der bereits am Boden liegt und am Kopf blutet. Diese Sequenz wurde über Hongkong hinaus auf den sozialen Medien geteilt und stark verurteilt.

Regierungschefin Carrie Lam setzt die Pekinger Politik in Hongkong um.

Ist die Befehlszentrale in Peking oder Hongkong?

Hongkong hat eine separate Polizei, eine eigene Justiz und andere Gesetze. Die Hongkonger Polizei gehört aber zur Regierung von Hongkong und damit auch zur Regierungschefin, zu Carrie Lam. Die wiederum setzt die Pekinger Politik in Hongkong um. Ganz zuoberst ist also auch hier die Pekinger Führung und die hat am Montag wieder deutlich gesagt, dass es keine Gnade für die Demonstranten geben werde.

Ist es denkbar, dass in Hongkong auch Polizisten vom chinesischen Festland verdeckt im Einsatz sind?

Diese Vermutung wurde zum Beispiel von einem bekannten Professor geäussert. Die Hongkonger Regierung hat die Behauptung sofort zurückgewiesen. Wenn es wirklich so wäre, würde es die Hongkonger Regierung sowieso nicht zugeben. Damit würde man die Formel «Ein Land, zwei Systeme» untergraben.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass chinesische Truppen in Hongkong eingreifen werden?

Momentan glaube ich das nicht. Das bestätigen mir auch alle Experten, mit denen ich gesprochen habe. Das würde China mehr schaden als nützen. Kommt hinzu, dass China am 1. Oktober 70 Jahre Volksrepublik feiert. Das Letzte, was man im Vorfeld noch brauchen könnte, wären Bilder einer militärischen Niederschlagung von Demokratieaktivisten.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

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