- Bei der Präsidentenwahl in Brasilien hat nach einem knappen Rennen zwischen beiden Kandidaten der linke Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva gewonnen.
- Nach Auszählung fast aller Wahlmaschinen lag der amtierende Rechtspopulist Bolsonaro bei rund 49 Prozent der Stimmen (etwa 58 Millionen), auf Lula entfielen etwa 51 Prozent (rund 60 Millionen).
- Eine Umkehr des Resultats ist nach Angaben der Wahlbehörde in der Hauptstadt Brasilia mathematisch unmöglich.
- In mehreren Landesteilen kam es nach der Wahl zu Protesten. Ein Anhänger Lulas wurde bei einer Feier getötet.
Lula kündigte in einer ersten Rede nach der Wahl an, das extrem gespaltene Land versöhnen zu wollen. «Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren», sagte der 77-Jährige in São Paulo. «Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk.» Nun sei der Moment gekommen, den Frieden wieder herzustellen.
Lula wird das Amt des Präsidenten nach einer Übergangszeit von zwei Monaten zum Jahreswechsel übernehmen. Der frühere Gewerkschafter hatte Brasilien bereits von Anfang 2003 bis Ende 2010 regiert. Er ist der erste demokratisch gewählte Präsident Brasiliens, der in eine dritte Amtszeit geht.
Auf Twitter veröffentlichte Lula am Sonntag ein Bild der brasilianischen Flagge. Darüber stand «Demokratie.» Tausende Anhänger des Kandidaten der Arbeiterpartei (PT) feierten seinen Sieg auf der Prachtstrasse Avenida Paulista in der Millionenmetropole São Paulo.
Lula-Anhänger bei Feier getötet
Während Anhänger Lulas den Sieg feierten, kam es bereits zu ersten Protesten. Ein 27 Jahre alter Lula-Anhänger wurde bei Feiern in einem Lokal der Stadt Belo Horizonte erschossen. Zudem gab es vier Verletzte, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Militärpolizei berichteten.
In dem Lokal hatten sowohl Anhänger Lulas als auch Bolsonaros die Stimmenauszählung verfolgt. Offen blieb zunächst, ob die Tat einen politischen Hintergrund hat. Der alkoholisierte Schütze wurde festgenommen.
In mehreren Bundesstaaten protestierten Lastwagen-Fahrer gegen den Wahlsieg Lulas, wie die Zeitung «Folha de S. Paulo» unter Berufung auf die Polizei berichtete. Auf Videos waren brennende Reifen zu sehen. Bolsonaro-Anhänger mit Brasilien-Flaggen riefen dazu auf, die Autobahnen des Landes zu blockieren.
Noch keine Reaktion des Amtsinhabers Bolsonaro
Bolsonaro erkannte seine Niederlage zunächst nicht an. Er hatte zuvor schon mehrfach Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht zu akzeptieren. Seit der Lockerung der Waffengesetze in seiner Amtszeit haben viele seiner Unterstützer ordentlich aufgerüstet.
Einige Anhängerinnen und Anhänger des Amtsinhabers forderten auch unverhohlen einen Militärputsch. Expertinnen und Experten sehen dafür in Gesellschaft und den Streitkräften allerdings keine ausreichende Unterstützung.
Die Wahl hat auch international grosse Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Zudem ist Brasilien mit seinen enormen natürlichen Ressourcen, dem hohen Anteil an grüner Energie und der grossen Agrarwirtschaft ein potenziell wichtiger Handelspartner.
Ausser dem Staatschef wurden am Sonntag auch Gouverneure und Gouverneurinnen in einem Dutzend Bundesstaaten gewählt.