Am Schluss ist es wieder ein wahrer Wahl-Krimi. Lange liegt der prorussische Kandidat Alexandr Stoianoglo in Führung. Doch als die Stimmen der Hauptstadt Chisinau und dann der Wahlberechtigten im Ausland ausgezählt werden, wendet sich das Blatt: Schliesslich liegt die amtierende proeuropäische Präsidentin Maia Sandu mit 55.4 Prozent der Stimmen vor ihrem Rivalen.
Wieder kein Befreiungsschlag
Die Stichwahl um das Präsidentenamt galt als richtungsweisend in der Frage, ob sich Moldau künftig eher Moskau oder Brüssel zuwendet. Das Resultat lässt das proeuropäische Lager erleichtert aufatmen. Doch wieder misslingt ihm der grosse Befreiungsschlag. Zu knapp ist das Ergebnis, als dass die Regierung damit euphorisch Richtung Brüssel aufbrechen könnte.
Die Regierung in Chisinau wirft Russland massive Einmischung vor. Der Kreml hatte ähnliche Vorwürfe beim ersten Wahlgang zurückgewiesen und Beweise verlangt. Freilich gibt es wieder zahlreiche Hinweise auf Stimmenkauf und Wahlmanipulation von prorussischer Seite. Die Behörden sprechen von «Provokationen und Versuchen der Destabilisierung».
Wählerinnen und Wähler seien organisiert in Stimmlokale gefahren oder mit Gutscheinen zur Abstimmung motiviert worden – beides ist laut Wahlgesetz verboten. Zudem gab es bei den Stimmabgaben im Ausland auch falsche Bombenalarme und Cyberattacken.
Die Angst vor Moskau
Doch selbst wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten: Ein grosser Teil der Menschen in der Republik Moldau hat offenbar keine Lust, Teil der Europäischen Union zu werden. Befürchtet werden etwa Preise wie in Westeuropa und der Zorn des Kremls. Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine befürchten viele Moldauer, dass Moskau ihr Land als Nächstes angreifen könnte.
Die Republik Moldau hat rund 2.5 Millionen Einwohner und ist traditionell zwischen Europa und Russland hin- und hergerissen. Das dürfte nach dieser Wahl vorläufig so bleiben.