Wladimir Putin. Seit 24 Jahren regiert er Russland. Er war einst im Westen ein gern gesehener Gast. Im Februar 2022 zettelte Putin mit seinem Überfall auf die Ukraine den grössten Krieg in Europa seit 1945 an. Wer ist dieser Mann?
«Er weiss, wie man Menschen manipuliert und einschüchtert. Er weiss, wie man Rache übt. Putin ist ein gefährlicher Mensch», sagt Journalist Maxim Trudoljubow. «Ich kann nicht sagen, ob er psychisch krank ist, das müsste ein Arzt diagnostizieren. Aber Putin ist grausam – und er hält sich an keine Grenzen.»
Trudoljubow hat Russland vor mehreren Jahren verlassen. Zurzeit forscht er am Institut für die Wissenschaft vom Menschen in Wien. Für ihn ist klar: Putin ist auch für Europa «sehr» gefährlich.
Dabei beginnt Putins Beziehung zum Westen ganz anders. Harmonisch. Viel Applaus gibt es für den russischen Präsidenten im Deutschen Bundestag. 2001 hält Putin dort eine Rede – und lässt seinen Charme spielen. Er spricht – ganz weltmännisch – neben Russisch auch Deutsch: «Heute müssen wir fest und endgültig erklären: Der Kalte Krieg ist vorbei.»
Inzwischen herrscht in Europa wieder ein heisser Krieg. Putin, der ihn losgetreten hat, begründet den Ukraine-Krieg mit einer angeblichen westlichen Aggression. Dort werde ein feindlich gesinntes «Anti-Russland» geschaffen. «Das unter vollständiger Kontrolle von aussen steht, das von den Streitkräften der Nato-Länder intensiv besiedelt und mit den neuesten Waffen vollgepumpt wird», argumentiert er.
Der Kreml behauptet, Auslöser für das Zerwürfnis seien die Nato-Osterweiterung und politische Umstürze auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gewesen, wie etwa die Maidan-Revolution in der Ukraine.
Putin habe im Laufe der Jahre Paranoia entwickelt, sagt der Politologe Anton Schechowzow von der Central European University in Wien. «Putin glaubt, dass es einen ewigen Krieg zwischen West und Ost gibt. Er sieht seine historische Mission darin, die russische Zivilisation zu verteidigen, weil der Westen Russland zerstören wolle.» Tatsächlich lädt Putin den Krieg gegen die Ukraine dramatisch auf, macht ihn zu einem quasi-religiösen Feldzug.
Putin stellt seinen Angriff als Verteidigung dar. Eine krasse Verzerrung der Realität. Die Ukrainer müssen sich seit zwei Jahren gegen eine brutale Invasionsarmee wehren. Über 10’000 Zivilisten sind in dem Krieg schon getötet worden, mindestens 31’000 ukrainische Soldaten gefallen.
Aufhören wird Putin laut Schechowzow nicht: «Er wird den Krieg gegen die Ukraine nicht aus eigenem Willen stoppen. Es ist die Mission seines Lebens. Er will seinen Namen prominent in Russlands Geschichtsbüchern haben.»
Putin lotet seine Grenzen aus
Bei aller Hybris – irrational handelt Putin nicht. Er wägt Risiken ab, geht immer nur so weit wie er kann. Das sagt auch Journalist Trudojlubow: «Wenn er Erfolg hat in der Ukraine, wird er eine neue Armee aufstellen und wieder aktiv werden. Bis vor kurzem dachten wir, die Grenze der Nato sei wirklich eine Grenze für ihn.»
Putin ist zweifellos eine Gefahr für die Ukraine, er könnte auch eine für Europa werden. Dieses Wochenende lässt er sich wiederwählen. Putin inszeniert sich schon zu Lebzeiten als historische Figur mit absoluter Macht. Widerstand gibt es im eigenen Land kaum mehr.