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Das Interview mit Bundesrat Ignazio Cassis
Aus News-Clip vom 12.01.2023.
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Premiere im UNO-Sicherheitsrat Cassis: «Die Rechtsstaatlichkeit ist wichtig»

Aussenminister Ignazio Cassis hat in New York an der UNO-Sicherheitsratssitzung zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit teilgenommen. Es ist das erste Mal, dass ein Schweizer Bundesrat sein Land als Mitglied des mächtigsten UNO-Gremiums vertritt. Cassis betont im Interview, wie wichtig die Rechtsstaatlichkeit für den Schutz kleinerer Staaten vor der militärischen Macht der Grossstaaten ist.

Ignazio Cassis

Bundesrat

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Ignazio Cassis ist seit 2017 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Er wurde 1961 geboren, studierte Humanmedizin, promovierte an der Universität Lausanne und machte einen Master in Public Health. Von 1997 bis 2008 war er Kantonsarzt des Tessins. Cassis war dann während zweier Jahre Präsident der Bundeshausfraktion der Liberalen (FDP), der er seit seiner Wahl in den Nationalrat im Juni 2007 angehört. Von 2015 bis 2017 hatte er das Präsidium der Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit inne. Cassis war im Jahr 2022 Bundespräsident.

SRF News: Das Thema an der UNO-Sicherheitsratssitzung war Rechtsstaatlichkeit. Weshalb ist das für Sie so wichtig?

Ignazio Cassis: Die Rechtsstaatlichkeit ist wichtig, weil weiterhin gelten muss, dass die Macht des Rechtes wichtiger ist als das Recht der Macht. Darum geht es. Rechtsstaatlichkeit bedeutet nichts anderes, als dass kleinere Staaten aufgrund von rechtlichen Normen geschützt werden von der militärischen Macht der Grossstaaten. Und das ist natürlich umso wichtiger für die Schweiz.

In diesen ersten zwei Wochen hat es bereits einige wichtige Entscheide gegeben.

Ist das in der Situation zwischen Russland und Ukraine auch ein Punkt, den Sie betonen?

Es ist wichtig für alle Staaten, aber umso wichtiger, je kleiner ein Staat ist. Denn sehr grosse, mächtige Staaten mit mächtigen militärischen Armeen können sich ziemlich viel leisten. Das ist so seit Anbeginn der Zeit. Aber was uns gelungen ist nach dem Zweiten Weltkrieg durch dieses System des Multilateralismus, ist, zu versuchen, die Welt so zu regeln, dass das Recht wichtiger ist als die militärische Macht.

Cassis wird Blinken in Washington treffen

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«Wir werden zusammen die Zusammenarbeit zwischen den USA und der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat in diesen ersten zwei Jahren besprechen und auch konkret identifizieren», sagt Cassis zum bevorstehenden Treffen mit US-Aussenminister Antony Blinken. Dabei sollen gemeinsame Interessen im Fokus stehen.

Ausserdem könnten sanktionierte Personen zum Gesprächsthema werden, sagt Cassis. Die Schweiz engagiere sich seit langem dafür, dass eingetragene Individuen in Sanktionsregimen die Möglichkeit haben, das infrage zu stellen – wenn sie beispielsweise der Meinung sind, dass sie fälschlicherweise in die Liste aufgenommen wurden. «Heute haben wir einen solchen Mechanismus nur für zwei Sanktionsregime, Al-Qaida und Da’esh (der sogenannte Islamische Staat, Anm. d. Red.)», so Cassis. Möglicherweise könnte mit den USA besprochen werden, ob die USA grundsätzlich bereit wären, einen solchen Mechanismus gegen andere Sanktionsregime auszuweiten.

Auch Iran könnte ein Thema beim Treffen sein, da die Schweiz eine wichtige Rolle für die USA in Iran habe, sagt Cassis.

Was ist Ihre Bilanz des Starts der Schweiz im Sicherheitsrat?

Eigentlich positiv. Wir haben einen Vorlaufstest gemacht in den letzten drei Monaten des letzten Jahres von Oktober bis Dezember, sowohl hier als auch in Bern. Wir haben simuliert, was passiert, wenn. Und das Resultat war gut. Das heisst, die Entscheidungsprozesse innerhalb der Verwaltung, aber auch zusammen mit dem Parlament, sind gut etabliert und funktionieren gut. In diesen ersten zwei Wochen hat es bereits einige wichtige Entscheide gegeben – ich denke beispielsweise an die Verlängerung des Abkommens über die humanitäre Hilfe in Syrien, damit man eine Tür hat, um diese Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln und mit Gütern zu beliefern.

Eine Frage zur Kritik, dass die Schweiz Waffenexporte durch Deutschland und Spanien an die Ukraine blockiere. Muss der Bundesrat nochmals über die Bücher?

Das habe ich auch gehört, aber nur medial. Das zuständige Wirtschaftsdepartement ist daran, die Lage zu analysieren. Wenn ich es richtig verstanden habe, haben wir gar keine formelle Anfrage von Spanien bekommen. Ich weiss nicht genau, was da passiert ist, aber es ist gestern plötzlich in der Luft gewesen. Wir werden es sicher sorgfältig abklären. Unsere Rechtslage ist die bekannte Rechtslage, die uns dazu geführt hat, gegenüber Deutschland die Entscheide zu fassen, die wir gefasst haben.

Bundesrat Ignazio Cassis hält im September 2022 eine Rede während der 77. Generaldebatte am UNO-Sitz in New York.
Legende: Bundesrat Ignazio Cassis hält im September 2022 eine Rede während der 77. Generaldebatte am UNO-Sitz in New York. Keystone/EPA/JASON SZENES

Braucht es denn eine Reform dieser Waffenexportgesetze?

Das war bereits die lange Diskussion jetzt über viele Monate. Das Parlament hat ja eine Reform gemacht, aber im umgekehrten Sinn. Es hat eben dem Bundesrat noch restriktivere Vorgaben gegeben. Der Bundesrat hat ohne eine Reform des Gesetzes einen sehr beschränkten Handlungsspielraum.

Das Gespräch führte Viviane Manz.

Rendez-vous, 11.01.2023, 12:30 Uhr ; 

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