Die US-Wetterbehörde NOAA rechnet in der kommenden Hurrikan-Saison mit bis zu 25 Stürmen und mit bis zu 13 Hurrikans. Einige von ihnen könnten sehr stark werden und grosse Schäden anrichten. Die Zusammenhänge kennt der Physiker Christian Otto. Er untersucht mit seiner Forschungsgruppe die Folgen von Extremwetterereignissen.
SRF News: Warum wird dieses Jahr eine besonders schwere Hurrikan-Saison erwartet?
Christian Otto: Auch wenn es von vielen Faktoren abhängt, damit sich wirklich ein Hurrikan ausbildet: Die Rahmenbedingungen dafür sind dieses Jahr besonders günstig. Zum einen ist die Meeresoberflächentemperatur im Atlantik sehr hoch, ausserdem sind die sogenannten Scherwinde derzeit schwach ausgebildet.
Warum sind die Scherwinde derzeit so schwach?
Das hängt damit zusammen, dass gerade eine El-Niño-Phase zu Ende ging und wir nun in eine La-Niña-Phase geraten. Die beiden globalen Wetterphänomene beeinflussen auch die klimatischen Bedingungen im Nordatlantik: Während El Niño sind die Scherwinde dort ausgeprägter, während La-Niña-Phasen aber eher schwach. Dadurch wird jetzt – zusammen mit den hohen Oberflächen-Wassertemperaturen – die Entstehung von Wirbelstürmen begünstigt.
Gibt es im Zuge der Klimaerwärmung grundsätzlich immer mehr Wirbelstürme?
Was den Nordatlantik betrifft, sind die Prognosen noch nicht so klar – wobei tendenziell eher mit einer Abnahme der Zahl der Stürme gerechnet wird. Allerdings dürfte der Anteil der besonders starken und potenziell verheerenden Wirbelstürme eher zunehmen.
Wegen des Meeresspiegelanstiegs kommt es auch zu schwereren Überschwemmungen in Küstennähe.
Dabei hängt die Stärke eines Wirbelsturms von den Windgeschwindigkeiten ab, mit denen er auf Land trifft. Das Schadenpotenzial eines Hurrikans hängt aber nicht nur mit den Windgeschwindigkeiten zusammen: Wegen des Meeresspiegelanstiegs kommt es auch zu schwereren Überschwemmungen in Küstennähe. Zudem bewegen sich die Stürme tendenziell langsamer voran als früher, was örtlich zu mehr Niederschlägen und womöglich Überschwemmungen führen kann.
Wer ist besonders von Hurrikans im Nordatlantik betroffen?
Das sind vor allem die Bevölkerungen an der US-Ostküste von Florida bis New York, jene am Golf von Mexiko und in den karibischen Inselstaaten.
Wie können die Schäden durch Hurrikane möglichst klein gehalten werden?
In den potenziell besonders betroffenen Gebieten Amerikas braucht es Frühwarnsysteme und Schutzräume für die Bevölkerung. Schwierigkeit: Oft lässt sich kaum längerfristig voraussagen, wo genau der Hurrikan auf Land treffen wird. Längerfristig braucht es Versicherungslösungen für den Wiederaufbau. Auch könnte eine massivere Bauweise dazu beitragen, die Schäden in den USA zu reduzieren.
Haben die Stürme im Atlantik auch einen Einfluss auf das Wetter in Europa?
Ja – viele Stürme ziehen entlang der US-Ostküste nordwärts und werden durch Winde und die Corioliskraft dann nach Nordosten abgelenkt. Schliesslich kommen sie als Tiefdruckgebiete in Westeuropa an, die durchaus sehr starke Winde mit sich bringen können.
Das Gespräch führte Katrin Hiss.