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Die US-Wetterbehörde rechnet mit einer sehr aktiven Hurrikan-Saison
Aus SRF 4 News aktuell vom 28.06.2024. Bild: Imago
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Prognose für Wirbelsturmsaison «Die Bedingungen für Hurrikane sind besonders günstig»

Die US-Wetterbehörde NOAA rechnet in der kommenden Hurrikan-Saison mit bis zu 25 Stürmen und mit bis zu 13 Hurrikans. Einige von ihnen könnten sehr stark werden und grosse Schäden anrichten. Die Zusammenhänge kennt der Physiker Christian Otto. Er untersucht mit seiner Forschungsgruppe die Folgen von Extremwetterereignissen.

Christian Otto

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Der studierte Physiker Christian Otto untersucht Folgen von Extremwetterereignissen am «Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung».

SRF News: Warum wird dieses Jahr eine besonders schwere Hurrikan-Saison erwartet?

Christian Otto: Auch wenn es von vielen Faktoren abhängt, damit sich wirklich ein Hurrikan ausbildet: Die Rahmenbedingungen dafür sind dieses Jahr besonders günstig. Zum einen ist die Meeresoberflächentemperatur im Atlantik sehr hoch, ausserdem sind die sogenannten Scherwinde derzeit schwach ausgebildet.

So entsteht ein Hurrikan

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Legende: Imago/Ales Utouka

Ein tropischer Wirbelsturm entsteht dann, wenn feuchte Luft über der Meeresoberfläche aufsteigt, oben abkühlt und wieder nach unten fällt. Dadurch bildet sich ein veritkaler Wirbel. Dieser beginnt sich, beeinflusst von der Corioliskraft, wie ein Kreisel zu drehen. Die Corioliskraft wiederum tritt dann in Erscheinung, wenn sich ein Objekt in einem rotierenden Bezugssystem – hier also der Wirbel auf der rotierenden Erdkugel – vorwärtsbewegt.

In der frühen Phase der Wirbelbildung können Scherwinde diesen rasch wieder zerstören. Scherwinde wiederum entstehen, wenn die Windgeschwindigkeit am Boden von jener in der Höhe differiert – was dieses Jahr wenig ausgeprägt der Fall ist.

Als Hurrikan-Saison im Nordatlantik gilt der Zeitraum von Anfang Juni bis Ende November.

Warum sind die Scherwinde derzeit so schwach?

Das hängt damit zusammen, dass gerade eine El-Niño-Phase zu Ende ging und wir nun in eine La-Niña-Phase geraten. Die beiden globalen Wetterphänomene beeinflussen auch die klimatischen Bedingungen im Nordatlantik: Während El Niño sind die Scherwinde dort ausgeprägter, während La-Niña-Phasen aber eher schwach. Dadurch wird jetzt – zusammen mit den hohen Oberflächen-Wassertemperaturen – die Entstehung von Wirbelstürmen begünstigt.

El Niño und La Niña

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Legende: Imago

Bei der Wetteranomalie El Niño, die alle paar Jahre im äquatorialen Pazifik auftritt, flauen die westwärts wehenden Passatwinde ab, das Meerwasser an der Oberfläche an der südamerikanischen Küste erwärmt sich, weil aus der Tiefe kein kaltes Wasser mehr «nachgesogen» wird. El Niño hat regionale, aber auch weltweite Auswirkungen auf das Wetter: An der süd- bis mittelamerikanischen Westküste kommt es zu intensiven bis katastrophalen Niederschlägen, während östlichere Teile des Kontinents ebenso wie Australien und Indonesien tendenziell unter Dürren leiden. Weltweit gelten El-Niño-Jahre als eher warme Jahre.

Das Gegenteil davon ist La Niña, die eher kühle Phase zwischen zwei El-Niño-Ereignissen. Während La Niña verstärken sich die von Ost nach West wehenden Passatwinde am äquatorialen Pazifik, was dort zu kälteren Oberflächentemperaturen führt. Die Folgen sind vermehrte Tiefdruckgebiete oder gar Taifune, die Ostasien treffen, auch Australien oder Neuseeland können von heftigen Niederschlagsereignissen heimgesucht werden. Nordamerika wird tendenziell von mehr Hurrikans heimgesucht. Ostafrika dagegen leidet meist unter verheerenden Dürren. La Niña hat weltweit eher eine temperaturdämpfende Wirkung.

Gibt es im Zuge der Klimaerwärmung grundsätzlich immer mehr Wirbelstürme?

Was den Nordatlantik betrifft, sind die Prognosen noch nicht so klar – wobei tendenziell eher mit einer Abnahme der Zahl der Stürme gerechnet wird. Allerdings dürfte der Anteil der besonders starken und potenziell verheerenden Wirbelstürme eher zunehmen.

Wegen des Meeresspiegelanstiegs kommt es auch zu schwereren Überschwemmungen in Küstennähe.

Dabei hängt die Stärke eines Wirbelsturms von den Windgeschwindigkeiten ab, mit denen er auf Land trifft. Das Schadenpotenzial eines Hurrikans hängt aber nicht nur mit den Windgeschwindigkeiten zusammen: Wegen des Meeresspiegelanstiegs kommt es auch zu schwereren Überschwemmungen in Küstennähe. Zudem bewegen sich die Stürme tendenziell langsamer voran als früher, was örtlich zu mehr Niederschlägen und womöglich Überschwemmungen führen kann.

Grafik der täglichen Meeresoberflächentemperatur weltweit von 1981 bis 2023.
Legende: Die Oberflächentemperatur des Meeres (zwischen 60 Grad südlicher und 60 Grad nördlicher Breite) liegt derzeit bei durchschnittlich 20.9 Grad (dicke, schwarze Linie). Der Referenzwert (1981-2011) liegt bei 20.2 Grad. climatreanalyzer

Wer ist besonders von Hurrikans im Nordatlantik betroffen?

Das sind vor allem die Bevölkerungen an der US-Ostküste von Florida bis New York, jene am Golf von Mexiko und in den karibischen Inselstaaten.

Wie können die Schäden durch Hurrikane möglichst klein gehalten werden?

In den potenziell besonders betroffenen Gebieten Amerikas braucht es Frühwarnsysteme und Schutzräume für die Bevölkerung. Schwierigkeit: Oft lässt sich kaum längerfristig voraussagen, wo genau der Hurrikan auf Land treffen wird. Längerfristig braucht es Versicherungslösungen für den Wiederaufbau. Auch könnte eine massivere Bauweise dazu beitragen, die Schäden in den USA zu reduzieren.

Haben die Stürme im Atlantik auch einen Einfluss auf das Wetter in Europa?

Ja – viele Stürme ziehen entlang der US-Ostküste nordwärts und werden durch Winde und die Corioliskraft dann nach Nordosten abgelenkt. Schliesslich kommen sie als Tiefdruckgebiete in Westeuropa an, die durchaus sehr starke Winde mit sich bringen können.

Das Gespräch führte Katrin Hiss.

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Das SRF Meteo-Logo vor einer Waldlandschaft
Legende: SRF Meteo SRF

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SRF 4 News aktuell, 28.6.2024, 8:20 Uhr ; 

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