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Schmerz und Folter in prorussischer Gefangenschaft
Aus Rendez-vous vom 15.08.2022. Bild: SRF/David Nauer
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Prorussische Gefangenschaft «Isolazia» – ein Ort totaler Rechts- und Straflosigkeit

2017 wurde Stanislaw Aseev von prorussischen Rebellen in Donezk festgenommen. Der ukrainische Journalist erzählt von den grausamen Bedingungen und der Folter.

«Isolazia» – eine ehemalige Fabrik in Donezk, die prorussische Rebellen als irreguläres Gefängnis benutzen. Stanislaw Aseev sass in der «Isolazia», in der «Isolation». Über zwei Jahre lang. «Es ist eine ganze Welt im Untergrund. Nicht nur in Donezk gibt es die Keller, sondern an vielen Orten. Und eine besondere Stellung in dieser Welt hat ‹Isolazia› – als regelrechtes Konzentrationslager.»

Aufgewachsen ist der 32-Jährige in der Nähe von Donezk. Als 2014 prorussische Separatisten mit kräftiger Hilfe aus Moskau die Donezker Volksrepublik errichten, bleibt Aseev. Er geht nicht aufs ukrainisch kontrollierte Territorium. Er kümmert sich um seine Grossmütter und seine Mutter.

Gleichzeitig beginnt er mit Pseudonym für ukrainische Medien zu schreiben. Er habe den Wunsch gehabt, die Realität in den russisch kontrollierten Gebieten zu zeigen. Auch wenn klar war: Was er tut, ist sehr gefährlich.

«In der Donezker Volksrepublik gibt es keine Opposition»

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«In der sogenannten Donezker Volksrepublik herrscht ein totalitäres System. Es gibt keine Opposition. Die örtlichen Medien preisen unablässig die Anführer. Und wer Widerstand leistet, den werfen sie in einen Keller – wobei sie auch ihre eigenen Leute festnehmen und verschwinden lassen. Kontrolliert wird dieses System von Russen. Hinter jedem Donezker Geheimdienstler oder Beamten steht ein Russe, der ihm sagt, was zu tun ist», beschreibt Aseev die Lage im Gebiet.

Gut zwei Jahre lang beschreibt Aseev den Alltag im Separatistengebiet. Er weiss um die Gefahr, verhält sich so konspirativ wie möglich. Im Mai 2017 wird er dennoch festgenommen. «Ich habe damit gerechnet, dass sie gegen mich ein Strafverfahren eröffnen, dass ich geschlagen werde. Aber das, was dann geschah, nein, das hatte ich nicht erwartet.»

Schläge, Elektroschocks, Vergewaltigungen

Aseev wird gefoltert. Mit Schlägen, mit Elektroschocks. Seine Peiniger drohen, ihn zu vergewaltigen. Sie wollen ein Geständnis erzwingen, dass Aseev ein ukrainischer Spion sei. Es folgen über zwei Jahre Haft in der «Isolazia».

Es ist ein Ort furchtbarer Grausamkeit, an dem die Wärter aus purer Lust quälen. «Wenn ein Gefangener neu in die ‹Isolazia› kommt, bringen sie ihn in den Keller, ziehen ihn aus und foltern ihn, damit er noch einmal ‹gesteht›».

Stanislaw Aseev sitzt mit verschränkten Händen in einem Restaurant in Kiew.
Legende: Der 32-jährige Aseev ist in ein Gartenrestaurant in Kiew gekommen, um seine Geschichte zu erzählen. SRF

Doch die Gewalt hört auch nach dem erzwungenen Geständnis nicht auf. «Als ich dort war, machte der Kommandant von Freitag bis Sonntag im zweiten Stock laut Musik an, er betrank sich und ging runter zu den Zellen, um sich jemanden zu holen. Manchmal auch Frauen. Im besten Fall wurden die Häftlinge nur geschlagen. Es gab Vergewaltigungen und Erniedrigungen. Einmal wurden Männer gezwungen zu bellen wie Hunde.»

Nach der Freilassung hat Aseev seine Erlebnisse in einem Buch aufgeschrieben. Gewisse Passagen sind kaum zu ertragen. «Isolazia» ist ein Ort totaler Rechts- und Straflosigkeit. In dem irregulären Gefängnis sitzen Bürger, die proukrainischer Ansichten verdächtigt werden. Aber nicht nur: Auch Kommandeure von Separatistenbataillons, Beamte, Politiker, die mit den Russen zusammengearbeitet hatten, verschwinden in den Kellern.

Freiheit nach zwei Jahren

«Ich wurde verhältnismässig gut behandelt, weil mein Fall publik gemacht wurde. Zudem war ich ein Kandidat für einen Gefangenenaustausch.» Nach gut zwei Jahren Haft kommt Aseev frei. Er wird getauscht gegen Separatisten, die in ukrainischer Haft sassen.

Inzwischen lebt Aseev in Kiew. Er hat eine NGO gegründet, die russische Kriegsverbrecher jagt. Etwa die Männer, die für den Abschuss des malaysischen Passagierflugzeuges MH17 verantwortlich sind. Oder jene, die in Kiews Vororten Zivilisten misshandelt haben. Und diejenigen, die in der «Isolazia» Gefangene quälen. «Unsere Devise: Wir wollen dem Bösen einen Namen geben. Diejenigen, die Verbrechen begehen, sollen enttarnt werden. Und sie sollen für ihre Taten büssen.»

SRF 4 News, Rendez-vous, 15.08.2022, 12:30 Uhr

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