Worum geht es? Begleitet von einem grossen Aufgebot der Polizei haben in Moskau rund 1500 Menschen demonstriert, wie die Nachrichtenagentur Interfax das Innenministerium zitiert. Sie versammelten sich trotz eines Verbots der Behörden zu einem rund sieben Kilometer langen als «Spaziergang» deklarierten Protestzug. Mehr als 6000 Menschen hatten zuvor auf Facebook angekündigt, dem Aufruf zu Massenprotesten der Opposition folgen zu wollen.
Wie reagierten die Behörden? Bereits vor Beginn des Protests sperrte die Polizei den Bereich entlang des Boulevardrings im Moskauer Zentrum ab. Die Sicherheitsbehörden warnten die Bevölkerung vor einer Teilnahme. «Wir wiederholen, dass diese Veranstaltung illegal ist», betonte die Polizei auf ihrer Website und über Lautsprecher. Die Staatsanwaltschaft warnte, die Polizei werde «alle notwendigen Massnahmen» gegen Demonstranten ergreifen.
Gab es Festnahmen? Laut dem Innenministerium wurden rund 600 Personen vorübergehend festgenommen. Die Nichtregierungsorganisation OWD-Info berichtet davon, dass die Polizei 828 Personen abgeführt habe. Journalisten berichten von Polizei- und Gefängnisbussen, um Festgenommene abzutransportieren.
Sind auch Prominente darunter? Ja. Noch vor der Kundgebung nahm die Polizei Lyubow Sobol fest. Sie arbeitet mit dem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, einem der prominentesten Kritiker von Präsident Wladimir Putin, zusammen, der derzeit eine 30-tägige Arreststrafe absitzt. Sobol hatte zu den Demonstrationen aufgerufen. Sie wurde in einem Taxi festgenommen, mit dem sie zur Kundgebung fahren wollte.
Was fordern die Demonstranten? Freie und faire Wahlen ins Moskauer Stadtparlament. Die Protestbewegung wirft den Behörden vor, Oppositionskandidaten aus fadenscheinigen Gründen von den Kommunalwahlen im September auszuschliessen.
Ist die Forderung begründet? Die Behörden hatten zahlreiche Kandidaten wegen angeblicher formaler Mängel nicht zugelassen. So sollen laut den Behörden etwa Unterschriften, die Kandidaten sammeln müssen, gefälscht worden sein. Kandidaten wie Nawalny werfen den Behörden hingegen Willkür im Zulassungsprozess vor.
Gibt es noch weitere Gründe für die Proteste? Die Proteste sollten sich zudem gegen die grassierende Korruption in Moskau richten. Nawalnys Wahlkampfteam hatte am Donnerstag einen Bericht veröffentlicht, wonach die Stellvertreterin des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin in städtischem Eigentum befindliche Immobilien zu Tiefstpreisen an Familienmitglieder verkauft haben soll.
Nicht die erste Demonstration: Bei einem Massenprotest der Opposition am Samstag vergangener Woche hatte die Polizei fast 1400 Demonstranten festgenommen. Vier von ihnen wurden am Freitag offiziell in Untersuchungshaft genommen. Zudem leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen «Massenunruhen» und «Gewalt gegen Polizisten» ein. Beobachter sehen darin Ähnlichkeiten mit Verfahren nach Demonstrationen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin im Jahr 2012. Damals waren etliche Protestteilnehmer zu Haftstrafen verurteilt worden.