- In Weissrussland sind in der Nacht auf Freitag erneut Dutzende Gegner des Präsidenten Alexander Lukaschenko festgenommen worden.
- Die Sonderpolizei löste in Minsk eine unbewilligte Kundgebung auf.
- Die Menschenrechtsorganisation Wesna spricht von rund 260 Festnahmen.
- Als Reaktion haben sich die EU-Aussenminister auf Sanktionen gegen Weissrussland geeinigt.
Das Menschenrechtszentrum Wesna veröffentlichte in Minsk eine Liste mit den Namen aller Festgenommenen. Es war die höchste Zahl seit Tagen. Die meisten wurden demnach in der Hauptstadt Minsk von Sicherheitskräften aufgegriffen. Das Innenministerium sprach von etwa 115 Festnahmen.
Nach Angaben des belarussischen Journalistenverbandes kamen auch etwa 50 Journalisten vorübergehend in Polizeigewahrsam. Die meisten seien nach einer Überprüfung ihrer Dokumente wieder freigekommen, teilte der Verband mit. Unter ihnen seien auch ausländische Reporter gewesen.
Minsk hatte gewarnt
Weissrussische Sicherheitskräfte hatten eindringlich davor gewarnt, an ungenehmigten Demonstrationen teilzunehmen. Die Uniformierten waren bis Anfang dieser Woche kaum eingeschritten – nach der massiven Polizeigewalt am 9. August und den Folgetagen, die die vorübergehende Inhaftierung von 7000 Menschen nach sich gezogen hatte.
Die anhaltenden Proteste richten sich gegen Staatschef Lukaschenko, der den Wahlsieg bei der Abstimmung am 9. August für sich beansprucht. Die EU erkennt die Wahl nicht an. Sie steht als grob gefälscht international in der Kritik.
Russlands Präsident Wladimir Putin sicherte Lukaschenko derweil seine Unterstützung zu. In einem Fernsehinterview sagte Putin, Russland wolle Sicherheitskräfte nach Weissrussland schicken, falls sich die Lage zuspitze.
Halbe Armee in Bereitschaft?
Der Präsident von Weissrussland, auch Belarus genannt, hat einem Medienbericht zufolge die halbe Armee seines Landes in Kampfbereitschaft versetzt. Der Befehl Lukaschenkos sei eine Reaktion auf Drohungen des
Westens, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Belta am
Freitag. Die Nato habe Übungen an den Grenzen zu Belarus auf den
Weg gebracht, wurde der Staatschef zitiert. «Was soll ich tun?», fragte er.
Zuvor hatte Lukaschenko bereits mit Gegensanktionen gedroht, sollten Strafmassnahmen gegen sein Land wegen seiner umstrittenen
Wiederwahl verhängt werden. Die EU erwägt Sanktionen wie Reiseverbote oder das Einfrieren von Vermögen. Auch die Ukraine schliesst Strafmassnahmen nicht aus.
Sondersitzung der OSZE zu Weissrussland
Mit der Lage in dem zwischen Russland und EU-Mitglied Polen gelegenen Land befasst sich am Freitag der Ständige Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Das Gremium mit Vertretern aus 57 Staaten trifft sich auf Initiative des derzeit vorsitzenden Landes Albanien.
Der albanische Premierminister Edi Rama wird zum Konflikt in Belarus und der möglichen Rolle der OSZE Stellung nehmen. Die Organisation hatte jüngst angeboten, zwischen Demonstranten und Regierung zu vermitteln. Belarus ist Mitglied der OSZE, Lukaschenko lehnt eine Vermittlerrolle bisher aber ab.