Was ist passiert? Am vergangenen Donnerstag hat der peruanische Präsident Pedro Castillo das Parlament abgesetzt, um einem Misstrauensvotum zuvorzukommen. Dies wird ihm nach peruanischem Recht als versuchter Staatsstreich ausgelegt. Bereits am Abend wurde Castillo unter dem Vorwurf der Rebellion festgenommen. Die neue Präsidentin heisst Dina Boluarte. Die vormalige Vizepräsidentin ist die erste Frau an der Spitze Perus. Daraufhin brachen in verschiedenen Landesteilen teils gewaltsame Proteste aus. Bisher sind offiziellen Angaben zufolge acht Menschen, allesamt durch Schüsse, ums Leben gekommen. Weitere 19 Personen wurden ins Spital gebracht. Nun hat die peruanische Regierung reagiert und für 30 Tage einen Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt.
Was bedeutet der Ausnahmezustand? Die Regelung gilt für 30 Tage, wie aus einer Veröffentlichung im Amtsblatt «El Peruano» am Mittwochabend (Ortszeit) hervorging. Aussenminister Luis Alberto Otárola hatte die Massnahme zuvor angekündigt. Die Polizei soll nach Auskunft Otárolas mit Unterstützung der Streitkräfte die innere Ordnung aufrechterhalten. Während des Ausnahmezustands sind unter anderem die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ausgesetzt.
Was fordern die Protestierenden? Demonstranten blockierten nach Castillos Verhaftung in mehreren Landesteilen Fernstrassen. Sowohl in der Hauptstadt Lima als auch im Süden und Südosten des Andenstaates, wo Castillo in ländlichen Gegenden besonders viele Anhänger hat, kam es zu teils gewaltsamen Protestaktionen sowie Zusammenstössen zwischen Demonstranten und Polizisten. Für einige Regionen hatte die Regierung bereits einen Ausnahmezustand ausgerufen. Die Castillo-Anhänger fordern den Rücktritt von Castillos Nachfolgerin Boluarte, die Auflösung des Parlaments, baldige Neuwahlen und die Freilassung des inhaftierten Ex-Präsidenten.
Haben die Vorkommnisse Folgen für den Tourismus? Wegen der gewaltsamen Proteste gegen die Absetzung und Festnahme des linksgerichteten Präsidenten war zuvor die Bahnstrecke zwischen der Weltkulturerbe-Stätte Machu Picchu und der Stadt Cusco gesperrt worden. Die gut hundert Kilometer lange Bahnstrecke ist der einfachste und meistgenutzte Weg, um zum Machu Picchu oder von ihm wieder wegzukommen. Rund 800 ausländische Touristen sitzen deshalb an der Inka-Stätte fest. Als Grund für die Sperrung hatte die peruanische Staatsbahn «PeruRail» am Dienstag Sicherheitsbedenken angegeben und auf Demonstrationsaufrufe verschiedener Organisationen in Cusco verwiesen.
Wie geht es weiter? Das oberste Gericht bestätigte den Vorwurf der Rebellion. Eine Anhörung, bei der entschieden werden sollte, ob Castillo für 18 Monate in Haft bleiben muss, wurde am Mittwoch auf Donnerstag verschoben, weil Castillo seine Teilnahme verweigerte. Im Bemühen, die angespannte Lage zu beruhigen, deutete Präsidentin Dina Boluarte derweil vor der Presse an, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sogar auf Dezember 2023 vorzuziehen. Boluarte hatte zunächst vorgezogene Wahlen im April 2024 statt zum regulären Termin 2026 angestrebt.