- Präsident Jair Bolsonaro hat seine Anhänger dazu aufgefordert, die zahlreichen Strassensperren in weiten Teilen des Landes aufzuheben.
- Die Autobahnpolizei hatte am Mittwochnachmittag noch 150 Strassensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens registriert. Tausende von Bolsonaro-Anhängern protestieren gegen das Wahlergebnis.
- Derweil hat Brasiliens Vizepräsident Hamilton Mourão die Niederlage von Staatschef Jair Bolsonaro eingestanden.
«Die Sperrung von Fernstrassen in ganz Brasilien beeinträchtigt die Bewegungsfreiheit der Menschen», sagte Bolsonaro in einem auf Twitter veröffentlichten Video.
«Diese steht in unserer Verfassung. Man muss das Recht anderer Menschen, die unterwegs sind, respektieren – ganz abgesehen von dem Schaden für unsere Wirtschaft. Ich möchte an euch appellieren: Gebt die Strassen frei.»
Im Süden bereits leere Warenhausregale
Am Mittwochnachmittag bestanden laut Aussagen der Autobahnpolizei noch rund 150 Strassensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens, wie das brasilianische Nachrichtenportal «G1» berichtete. Nach eigenen Angaben löste die Polizei bereits 688 Blockaden auf. Bolsonaros Unterstützer wollen den Wahlsieg von dessen Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva – kurz Lula – nicht hinnehmen.
Die Fernstrassen sind für die Versorgung des Landes essenziell, denn der Grossteil der Güter wird in Brasilien per Lkw transportiert. Das Schienennetz ist wenig ausgeprägt. Der nationale Industrieverband (CNI) hatte vor Versorgungsengpässen und Treibstoffmangel gewarnt, sollten die Blockaden noch länger andauern. Nach Angaben des Verbands der Supermärkte gab es in einigen Bundesstaaten bereits Lieferprobleme vor allem bei Obst, Gemüse und Fleisch.
In der ersten öffentlichen Stellungnahme nach seiner Wahlniederlage hatte Bolsonaro am Dienstag Verständnis für die Proteste geäussert. Gleichzeitig schürte er Zweifel an der Rechtmässigkeit des Wahlprozesses. Beweise für Unregelmässigkeiten legte er allerdings nie vor.
Wir haben das Spiel verloren.
Derweil scheint zumindest im politischen Establishment rund um Bolsonaro die Einsicht in die Niederlage immer mehr zu reifen. Drei Tage nach der Wahl in Brasilien hat Vizepräsident Hamilton Mourão die verlorene Wahl von Staatschef Jair Bolsonaro eingestanden.
«Es hat keinen Sinn mehr zu jammern, wir haben das Spiel verloren. Es gibt nichts zu beanstanden», sagte der ehemalige General in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Zeitung «O Globo». Er sei nicht der Ansicht, dass es bei der Wahl zu Betrug gekommen sei. Zuvor hatten bereits wichtige Verbündete Bolsonaros, darunter der mächtige Parlamentspräsident Artur Lira, dessen Niederlage anerkannt.
Hauchdünnes Ergebnis
Brasiliens rechter Staatschef war bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag seinem linken Herausforderer Luiz Inácio Lula da Silva knapp unterlegen. Ex-Präsident Lula erhielt 50.9 Prozent der Stimmen, Bolsonaro kam auf 49.1 Prozent. In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit der Wahl räumte er am Dienstag weder seine Niederlage ein, noch gratulierte er Lula zum Sieg.