Es war absehbar, dass Sri Lanka das Geld ausgehen würde. Schon im vergangenen Monat hatte Präsident Gotabaya Rajapaksa angekündigt, sein Land werde die Rückzahlung ausländischer Schulden in Milliardenhöhe stoppen, um Geld für den Import dringend benötigter Güter wie Lebensmittel, Sprit und Medizin zu sparen.
Der Druck der Strasse war zu gross geworden. Denn aus Wut gegen massiv gestiegene Preise, lange Schlangen an den Tankstellen und vor Lebensmittelläden gibt es seit Wochen gewaltsame Proteste. Die Demonstrierenden machen die Regierung für die Missstände verantwortlich – und verlangen deren Rücktritt.
Ein Schuldenberg von 51 Milliarden Dollar
Sri Lanka steckt tief in der Krise. Sie ist weitgehend hausgemacht. Unter der Regierung Rajapaksa war der Berg an ausländischen Schulden auf 51 Milliarden Dollar angewachsen. Länder wie China und Indien hatten mit hohen Krediten um Einfluss beim alles beherrschenden Rajapaksa-Clan gebuhlt. Doch statt angesichts wachsender Schuldenberge die Staatseinnahmen zu erhöhen, machte die Regierung das Gegenteil und senkte die Steuern 2019 massiv.
Als dann ein Jahr später Corona über die Insel und den Rest der Welt hereinbrach, blieben die Touristen weg. Damit fehlte eine lukrative Einnahmequelle. Immer weniger Einnahmen, immer höhere Ausgaben: Als Folge schmolzen die ausländischen Reserven auf der Insel dahin wie Butter in der Sonne. Das machte es immer schwerer, wichtige Importe wie Treibstoff und Essen zu bezahlen, zumal die Inflation immer noch steigt, das Geld also immer weniger wert ist.
Verbindlichkeiten nicht fristgerecht bezahlt
Schon Ende April stufte die US-Ratingagentur Standard & Poors Sri Lanka auf «selective default» hinunter – partieller Zahlungsausfall. Gemeint ist, dass ein Schuldner eine Anleihe, Kreditrate oder andere Verbindlichkeit nicht fristgerecht zurückzahlt, aber andere Verpflichtungen weiter erfüllt. Doch auch damit ist jetzt erstmal Schluss: Notenbank-Gouverneur Nandalal Weeresinghe bestätigte heute, dass Sri Lanka technisch bankrott ist. Das Land habe zwei fällige Anleihen nicht zurückzahlen können.
Die grosse Frage ist nun, wie es weitergeht. Das Land braucht dringend eine Umschuldung seiner Kredite. Es muss die Gläubiger überreden, auf einen Teil der Rückzahlung zu verzichten. Parallel laufen Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds über ein Rettungspaket, doch die können sich noch Monate hinziehen.
Denn der IWF wird als Gegenleistung für Hilfe auf tiefgreifende Wirtschaftsreformen drängen. In der Regel heisst das: Kürzung der Staatsausgaben, auch zulasten der Bevölkerung. Das wird den Druck auf die Regierung weiter erhöhen, zu gehen. Das ist eine äusserst ungemütliche Perspektive – für alle Seiten.