- Neun Monate nach dem rechtsterroristischen Anschlag auf eine Synagoge in Halle hat in Magdeburg heute der Prozess begonnen.
- Seine rassistische Gesinnung stellte der 28-jährige Angeklagte dabei offen zur Schau.
- Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert eine Bestrafung «mit aller Härte des Gesetzes».
Schon bei Fragen zu seinem persönlichen Werdegang sprach Der Angeklagte am Dienstag mehrfach abwertend über Zuwanderer. Zudem äusserte er sich antisemitisch. Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens drohte dem Angeklagten mit dem Ausschluss vom Prozess: «Ich möchte im Saal keine Beschimpfungen von Menschen und Bevölkerungsgruppen hören.»
Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, «aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Gesinnung heraus einen Mordanschlag auf Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens» geplant zu haben.
Der Prozess vor dem Oberlandesgericht Naumburg findet wegen des grossen öffentlichen Interesses und aus Sicherheitsgründen im grössten Verhandlungssaal Sachsen-Anhalts in Magdeburg statt.
Auf Fragen der Vorsitzenden Richterin zu seinem Werdegang antwortete der Angeklagte knapp. Gute Freunde habe er nicht gehabt, er sei auch in keinem Verein gewesen. Er habe vor allem Interesse am Internet gehabt, weil man sich dort frei unterhalten könne.
Harte Strafe gefordert
«Man fragt sich natürlich, wie man solche Taten verhindern kann, ich habe da natürlich kein Interesse dran», sagte er. Nach Abitur und verkürztem Wehrdienst habe er ein Studium angefangen, es aber krankheitsbedingt abgebrochen. «Nach 2015 hab ich entschieden, nichts mehr für diese Gesellschaft zu tun.» Er bewaffnete sich.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland forderte eine Bestrafung «mit aller Härte des Gesetzes». Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, erklärte, der Prozess führe die grosse Gefahr von Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus vor Augen. «Wir müssen alles dafür tun, dass Jüdinnen und Juden ohne Bedrohung und Angst in unserem Land leben können.»
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich am Dienstag Menschen solidarisch mit den Opfern gezeigt. Die Kundgebung mit dem Motto «Solidarität mit den Betroffenen – keine Bühne dem Täter» will dafür sorgen, dass die Nebenklägerinnen und Nebenkläger nicht allein in den Prozess gehen, hiess es von den Veranstaltern. Vor Prozessbeginn sprachen sie von rund 100 Teilnehmern.
«Geben Sie ihm nicht die Plattform, die er haben will»
Nebenklägerin Christina Feist, die sich in der angegriffenen Synagoge befand, warnte davor, dem Angeklagten eine Plattform für seine Ideologie zu geben. «Ich bitte Sie alle inständig, berichten Sie nicht nur über den Täter. Berichten Sie nicht nur über seine Perspektive. Geben Sie ihm nicht die Plattform, die er haben will.»
Das Gerichtsverfahren gilt als eines der grössten und bedeutendsten in der Geschichte Sachsen-Anhalts. Für das Verfahren sind zunächst 18 Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschliessender Sicherungsverwahrung.