- Vor dem Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier ist es zu Zusammenstössen zwischen Klima-Demonstranten und der Polizei gekommen.
- Die Polizei setzte am Rande einer Grossdemonstration gegen die Räumung des Ortes Wasserwerfer und Schlagstöcke ein.
- Bei Einbruch der Dunkelheit beruhigte sich die Lage, wie eine dpa-Reporterin berichtete.
Ein Polizeisprecher sagte, man müsse «unmittelbaren Zwang» anwenden, damit die Demonstranten nicht nach Lützerath vordringen. Der Ortsteil von Erkelenz, westlich von Köln, ist seit Tagen abgeriegelt. Die wenigen Gebäude der Siedlung werden derzeit abgerissen, damit der Energiekonzern RWE die darunter liegende Kohle abbauen kann.
Dagegen protestierten trotz Dauerregens und starker Windböen tausende Menschen im benachbarten Ortsteil Keyenberg. Die Polizei sprach von 15’000 Personen, die Veranstalter schätzten die Zahl auf 35’000.
Ein Teil der Demonstrierenden versuchte, nach Lützerath zu gelangen und in das Tagebaugebiet zu kommen. Die Polizei drängte sie gewaltsam zurück. Bis zur Tagebaukante zu laufen, sei lebensgefährlich, weil der Boden durch den Regen aufgeweicht sei und Erdrutsche drohten, warnte die Polizei.
Nach Polizeiangaben attackierten einzelne Demonstranten auch Einsatzwagen der Polizei und warfen Pyrotechnik in Richtung der Beamten. Ein Sprecher erklärte, Reifen seien zerstochen und Aussenspiegel abgetreten worden. Zu Festnahmen und Verletzten machten die Einsatzkräfte zunächst keine Angaben.
Hauptrednerin bei der Kundgebung war die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. «Lützerath ist noch da, und solange die Kohle noch in der Erde ist, ist dieser Kampf nicht zu Ende», sagte die 20-Jährige unter dem Jubel der Zuhörer. Es sei ihr unbegreiflich, dass im Jahr 2023 noch immer Kohle abgebaut und verfeuert werde, obwohl zur Genüge bekannt sei, dass der dadurch ausgelöste Klimawandel in vielen Teilen der Welt Menschenleben koste.
Rangeleien mit der Polizei
Am Rande der Kundgebung kommt es zwischen Polizei und Demonstranten zu Rangeleien, da diese versuchen, an die Abbruchkante und in das Abbaugebiet Garzweiler II zu gelangen. Einige Demonstranten hätten zuvor schon die polizeilichen Absperrungen durchbrochen. Die Polizei forderte die Klimaaktivisten auf, sich zurückzuziehen.
Nach Medienberichten soll die Polizei auch Schlagstöcke eingesetzt haben. Demonstranten sollen Feuerwerk in Richtung der Polizei abgefeuert sowie eine Journalistin angegriffen haben.
Nach Aufforderung der Polizei, den unmittelbaren Bereich bei Lützerath zu verlassen, traten viele schliesslich den Rückweg an. Die übrigen wurden von einer breiten Polizeikette auf dem Acker zurückgeschoben, wie ein dpa-Reporter berichtete. Es habe Geschrei gegeben, aber keine Zusammenstösse.
In Lützerath selbst ging die Räumung unterdessen weiter. Einsatzkräfte kletterten auf Bäume, auf denen Aktivisten ausharrten. Zudem liefen laut Energiekonzern RWE Vorbereitungen, um zwei Aktivisten aus einem Tunnel zu holen. Dabei könne kein schweres Gerät eingesetzt werden, weil sonst Personen in den unterirdischen Bodenstrukturen gefährdet würde, sagte der Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach. Die Lage am Tunnel sei unverändert, sagte ein RWE-Sprecher am frühen Abend.
Ein Sprecher auf der Kundgebungsbühne hatte die Demo-Teilnehmer zuvor explizit aufgerufen, sich über Anweisungen der Polizei hinwegzusetzen. Er finde es legitim, wenn die Teilnehmer versuchten, in das abgesperrte Lützerath vorzudringen.