- Nach den Massenprotesten vom Samstag für mehr Klimaschutz wächst der Einigungsdruck in der zweiten Woche der Weltklimakonferenz.
- Die führende Klimaaktivistin Greta Thunberg hat am Sonntag ihre Forderungen zu drastischen und sofortigen Schritten erneuert.
- Der britische Premierminister Boris Johnson – Gastgeber des Gipfels in Schottland – mahnte am Sonntag weitere Zusagen der rund 200 beteiligten Staaten an.
«Sofern wir nicht sofortige, drastische, nie dagewesene jährliche Emissionssenkungen an der Quelle erreichen, bedeutet das, dass wir in dieser Klimakrise versagen», schrieb die 18-jährige Thunberg am Sonntag auf Twitter. Die berühmten «kleinen Schritte in die richtige Richtung» kämen einer Niederlage gleich.
Bei der Konferenz im schottischen Glasgow ringen rund 200 Staaten darum, wie das Ziel noch erreicht werden kann, die Erderwärmung auf maximal 1.5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Geplantes Ende ist der 12. November.
Schadenersatz auf der Agenda der zweiten Woche
In der zweiten und letzten Woche des Mammuttreffens mit knapp 30'000 Delegierten steht an diesem Montag das heikle Thema Geld auf der Agenda. Staaten, die schon jetzt unter Dürren, Überschwemmungen und steigendem Meeresspiegel leiden, pochen auf Schadenersatz der Industrieländer. Nach Einschätzung von Greenpeace werden in den Entwicklungsländern Summen in Billionenhöhe benötigt.
Am Freitag und Samstag hatten Zehntausende in vielen Ländern ihrem Unmut über jahrzehntelang verschleppten Klimaschutz Luft gemacht und mehr Klimagerechtigkeit gefordert. Die Organisatoren sprachen von mehr als 100'000 Teilnehmern allein in Glasgow. Greta Thunberg geisselte die Tatenlosigkeit und das «Blablabla» der grossen Wirtschaftsnationen. Ihre Bilanz: Die Konferenz COP26 sei jetzt schon ein Fehlschlag.
Gegengipfel gestartet
Am Sonntag startete in Glasgow eine Art Gegengipfel. Der «People's Summit» hat ebenfalls zum Ziel, den Druck auf die Verhandler zu erhöhen. Kernforderungen sind radikaler Klimaschutz, eine umfassende Entschuldung aller Entwicklungsländer und Reparationszahlungen der Industriestaaten. Die COP26 Coalition – ein Bündnis von Organisationen und Kampagnen – schrieb: «Wir brauchen Klimaschutz, der für alle funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche.»
Vermisst wurden beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Glasgow zahlreiche «böse Buben» der Klimapolitik, allen voran China. Das Riesenreich stösst mit Abstand die meisten Treibhausgase aus, will aber erst ab 2030 anfangen, seine Emissionen zu drosseln. Bereits in diesem Jahrzehnt müssen laut Weltklimarat aber die Emissionen schon um 45 Prozent gesunken sein, um das 2015 in Paris vereinbarte 1.5-Grad-Ziel noch zu erreichen.
Ebenfalls nicht angereist waren der rechte Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, in dessen Land sehr viel wertvoller Regenwald für Agrarfläche weichen musste. Auch abwesend: Die Staatenlenker Russlands und Saudi-Arabiens, deren Wirtschaftsmodell auf dem Gas- und Ölexport fusst.
Comeback der USA
Wieder auf der Weltbühne der Klimapolitik vertreten sind dagegen die USA. Präsident Joe Biden entschuldigte sich in Glasgow für seinen Vorgänger Donald Trump, der aus dem Klimaabkommen von Paris ausgestiegen war. Biden brachte allerdings vor allem ein schon bekanntes Methan-Abkommen mit – aus Sicht vieler Beobachter ein unzureichender Beitrag angesichts des gigantischen Ausstosses von Klimagasen, den Amerika zu verantworten hat.