Nordkorea hat offenbar einen weiteren Raketentest durchgeführt. Am Montag sei eine ballistische Rakete von einem U-Boot aus abgefeuert worden. Das hat die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas bestätigt. Der Test ist einer von mehreren des kommunistischen Staates innerhalb der letzten Wochen. Laut dem Journalisten Martin Fritz geht es Führer Kim Jong-un vor allem um die Drohgebärde gegenüber den USA.
SRF News: Wie sind diese Rüstungstests Nordkoreas zu werten?
Martin Fritz: Nordkorea hat offenbar bewiesen, dass es ebenfalls Raketen von einem U-Boot abschiessen kann. In der Vergangenheit wurde zwar schon einmal eine Rakete aus dem Meer abgefeuert, aber die meisten Experten gingen davon aus, dass der Start von einer Unterwasserplattform erfolgt war. Auf dem nun veröffentlichten Foto sieht es tatsächlich eher aus wie ein Raketenstart von einem U-Boot.
Die getestete Rakete war zwar relativ klein, aber Nordkorea ist offenbar seinem Ziel näher gekommen, irgendwann auch Mittel- oder Langstreckenraketen mit Atomsprengköpfen von einem U-Boot aus starten zu können und damit die USA zu bedrohen.
Dieser jüngste Test reiht sich ein in eine ganze Serie von Tests in den letzten Wochen. Ist dies mehr als eine Propagandaaktion?
Man muss festhalten, dass zumindest die offiziell registrierten Waffentests zuletzt alle erfolgreich verlaufen sind. Es war kein einziger Rohrkrepierer dabei. Das ist schon mal beeindruckend. Zudem werden ständig neue Waffen vorgeführt. Zum Beispiel eine Rakete, die in einem Eisenbahnwaggon versteckt war und vom Gleis aus abgefeuert wurde.
Nordkorea ist offenbar seinem Ziel näher gekommen, die USA zu bedrohen.
Aber diese Tests sollen vor allem eine politische Wirkung haben. Das Signal an die USA ist: «Lockert die Sanktionen gegen uns, dann sprechen wir wieder mit euch!» Das ist seit zwei Jahren Kim Jong-uns Botschaft. Er will damit sagen: «Wenn ihr nicht verhandelt, seid ihr selber schuld. Denn inzwischen werden unsere Waffen immer besser und wir immer stärker.»
Im September hat Südkorea ebenfalls Raketentests durchgeführt. Beobachten wir da auf der Halbinsel ein Wettrüsten?
Es sieht wie ein Wettrüsten aus. Südkorea will am Donnerstag erstmals eine dreistufige Rakete starten, allerdings ziviler Natur, und wird damit zur weltweit zehnten Weltraumnation. Die USA haben erst vor wenigen Monaten die Beschränkungen für südkoreanische Raketen aufgehoben. Darum wird Südkorea in den nächsten Jahren sein Arsenal ausbauen.
Allerdings zielt Nordkoreas Atom- und Raketenarsenal mehr auf die USA, während Südkorea sich in der Reichweite beschränken will, um den grossen Nachbarn China nicht herauszufordern. Deswegen sagen einige Experten, das Wort Wettrüsten sei eigentlich fehl am Platz.
Es gibt auch Zeichen der Entspannung auf der koreanischen Halbinsel. Die beiden Länder haben Anfang Monat den direkten Kommunikationskanal wiederhergestellt. Andererseits gibt es regelmässige Drohgebärden. Ist das nicht ein Widerspruch?
Der ist gewollt und eine typisch nordkoreanische Taktik. Mit Drohgebärden wie den Raketentests will Kim Jong-un die USA davon überzeugen, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen. Gleichzeitig schwenkt seine Schwester Kim Yo-jong, die für Südkorea zuständig ist, die Friedensfahne. Ihr Ziel ist ein innerkoreanischer Gipfel, bevor Präsident Moon Jae-in im Frühjahr aus dem Amt scheidet. Und als Preis dafür soll Moon Jae-in die USA davon überzeugen, die Sanktionen zu lockern. Es sind also zwei unterschiedliche Wege, aber das gleiche Ziel.
Das Gespräch führte Roger Aebli.