Was ist passiert? In Südafrika haben sich am Freitag Spitzenvertreter der Regierungspartei ANC getroffen – Thema waren Korruptionsvorwürfe gegen Präsident Cyrill Ramaphosa und die Frage, ob dieser deswegen zurücktreten muss. Einen formellen Entscheid hat die Partei nicht getroffen, wie sie mitteilte. Am Sonntag will sie sich jedoch erneut treffen und weiter beraten.
Was wird Ramaphosa vorgeworfen? Im November kam ein Untersuchungsbericht des Parlaments zum Schluss, Ramaphosa habe gegen ein Anti-Korruptions-Gesetz sowie die Verfassung verstossen. Dabei ging es um einen Raubüberfall, bei dem 2020 angeblich vier Millionen Dollar Bargeld von der privaten Büffelfarm des Präsidenten gestohlen wurden – deutlich mehr als die halbe Million, die Ramaphosa vor dem Untersuchungsausschuss zugegeben hatte. Ausserdem hatte Ramaphosa ursprünglich lediglich den Überfall gemeldet, nicht aber das Verschwinden des Geldes.
Später hatte Ramaphosa demnach versucht, die Herkunft der halben Million Dollar mit dem Verkauf von Rindern zu erklären – die Tiere waren jedoch noch immer auf seiner Farm. Dies hatte Fragen zu der Aufrichtigkeit des Präsidenten aufgeworfen.
Wie glaubwürdig sind die Vorwürfe? Auch dies steht zur Debatte. Der Bericht der Untersuchungskommission stütze sich zu grossen Teilen auf ungeprüfte Beweise und Hörensagen und sei damit «rechtlich fehlerhaft», sagt der Rechtswissenschaftler und politische Kommentator Richard Calland. Kein Präsident dürfe aufgrund eines Berichts zum Rücktritt gezwungen werden, der nicht hundertprozentig glaubwürdig sei. Ein solcher Rücktritt hätte schwerwiegende Folgen für die Demokratie, so Calland.
Was hat Ex-Präsident Jacob Zuma mit dem Skandal zu tun? Es war Südafrikas ehemaliger Spionagechef Arthur Fraser, der Ramaphosa im Juni aufgrund von Geldwäsche und Bestechung angezeigt hatte. Fraser, dem selbst Vetternwirtschaft und Korruption nachgesagt werden, ist ein enger Verbündeter des Ex-Präsidenten Jacob Zuma. Die Anzeige gegen Ramaphosa kam zu einem für Zuma kritischen Zeitpunkt – das sich über Jahre hinziehende Korruptionsverfahren gegen ihn hatte gerade wieder Fahrt aufgenommen.
Fraser treibe ein gefährliches politisches Spiel mit dem Ziel, einen Fraktionskrieg anzuzetteln, sagt der südafrikanische Investigativ-Journalist Kyle Cowan. Nach Ansicht politischer Experten geht es bei den Vorwürfen gegen Ramaphosa weniger um Korruption, sondern in erster Linie um politische Machtspiele innerhalb des in zwei Lager – eins um Ramaphosa und eins um Zuma – gespaltenen ANC.
Was steht hinter dem Konflikt zwischen Ramaphosa und Zuma? Ramaphosa hatte nach seinem Amtsantritt den Kampf gegen die Korruption und für die Rechtsstaatlichkeit angekündigt und die Kluft damit vertieft. Besonders deutlich wurde die innerparteiliche Spaltung Mitte 2021, als Ramaphosa sich weigerte, Forderungen nach der Freilassung Zumas nachzugeben. Dieser war verhaftet worden, nachdem er sich geweigert hatte, in einer Korruptionsuntersuchung auszusagen.
Auf Zumas Verhaftung folgten heftige Ausschreitungen und Plünderungen in mehreren Teilen Südafrikas, vor allem aber in Zumas Heimatprovinz KwaZulu-Natal. Schäden in Millionenhöhe wurden verursacht, mehr als 300 Menschen kamen ums Leben. Analysten vermuteten damals, dass die Krawalle von Zuma-Anhängern organisiert worden waren, um Ramaphosa unter Druck zu setzen.