- Der Rücktritt von Boris Johnson als Tory-Parteichef löst in Grossbritannien und darüber hinaus zahlreiche Reaktionen aus.
- Viele Politikerinnen und Politiker begrüssen es, dass Johnson sein Amt zur Verfügung stellt.
- Dass der Premierminister allerdings auf dem Posten bleiben will, bis seine Nachfolge geregelt ist, löst zuweilen Kopfschütteln aus.
Ein sofortiges Sesselrücken fordert unter anderem der frühere britische Regierungschef John Major. Boris Johnson sollte «zum allgemeinen Wohl des Landes» nicht noch so lange im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gefunden sei, erklärt Major in einem offenen Brief.
«Der Vorschlag, dass der Premierminister bis zu drei Monate im Amt bleibt, nachdem er die Unterstützung seines Kabinetts, seiner Regierung und seiner Parlamentsfraktion verloren hat, ist unklug und möglicherweise unhaltbar», so Major. Er schlägt vor, dass der stellvertretende Premierminister Dominic Raab das Amt interimistisch übernehmen könnte.
In die gleiche Kerbe schlug Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei. Premierminister Boris Johnson müsse jetzt gänzlich von der politischen Bühne abtreten, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. «Grossbritannien braucht einen Neustart.»
Applaus für seinen Abgang erhielt Boris Johnson von der britischen Aussenministerin Liz Truss, die als mögliche Nachfolgerin des Premierministers gehandelt wird. Er habe die richtige Entscheidung getroffen, hielt sie auf Twitter fest. Das Land brauche nun «Ruhe und Einigkeit».
Der irische Regierungschef Micheál Martin wünschte Johnson und seiner Familie alles Gute für die Zukunft. Sie seien nicht immer einer Meinung gewesen, schrieb Martin in einer Erklärung auf Twitter. «Die Beziehungen zwischen unseren Regierungen waren in letzter Zeit angespannt.» Daher sei der Rücktritt Johnsons nun auch eine Chance, die Zusammenarbeit wieder zu stärken.
Schottland bekräftigt Ruf nach Unabhängigkeit
Der Rücktritt von Boris Johnson als Tory-Parteichef und der sich damit anbahnende Wechsel des Premierministers löst auch in Schottland Reaktionen aus. Regierungschefin Nicola Sturgeon bekräftigte ihre Forderung nach Unabhängigkeit. Es sei zwar eine Erleichterung, dass Boris Johnson gehe, sagte sie der BBC. Aber wichtiger sei, dass Schottland eine Alternative zum «kaputten Westminster-System» benötige – unabhängig davon, wer Johnson nachfolge. «Schottland würde niemanden dieser Leute als Premier wollen.»
Sturgeon hat für Oktober 2023 ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum angekündigt. Allerdings ist noch unklar, ob eine Abstimmung rechtmässig wäre. Johnson lehnte eine zweite Volksbefragung ab.
Auch der walisische Regierungschef Mark Drakeford, Mitglied der Labour-Partei, begrüsste Johnsons Rückzug. Auf Twitter schrieb er: «Alle vier Länder benötigen eine stabile britische Regierung, und deshalb freue ich mich sehr, dass der Premierminister nun das Richtige getan und seinem Rücktritt zugestimmt hat.»